Stil (Spielzeit): Prog-Metal / Avantgarde (1:04:17)
Label/Vertrieb (VÖ): Peaceville Rec. / SPV (22.05.09)
Bewertung: 9,5 / 10
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Nach dem ersten Durchlauf fing die Rezi so an: „Höchste Zeit, mal wieder die Note zu verweigern. Was das Beste ist, wenn man sich überfordert und nur bedingt zuständig fühlt..."
MADDER MORTEM sind schon eine Weile unterwegs. Auf den „Eight Ways" gehen die Norweger zum fünften Mal über die volle Distanz. Ich begegne Ihnen dabei zum ersten Mal, weiß also nicht, ob sie je mehr Metal waren und nun ins beswingt Jazzige auswimpen wie seinerzeit THE 3rd AND THE MORTAL oder ob sie schon immer diesen skurrilen Zug hatten. Jedenfalls find ich es lustig, dass sie von demselben Label gesignt wurden, das MY DYING BRIDE, DARKTHRONE oder AUTOPSY unter Vertrag hat.
Während ich meine Wortschatztruhe nach passenden Vokabeln durchkram, die Mucke zu skizzieren, ist mir nur Folgendes wirklich klar. Das Quintett ist nicht unspannend, etwas seltsam und irgendwie unextrem.
Insofern hinkt der Vergleich mit „The 3rds" Spätwerk. Es klingt nie so sehr nach Fahrstuhlmusik oder verkrampft intellektuell. So werden die 8Ws auch zu keinem Zeitpunkt ernsthaft nervig / nervig ernsthaft. Andererseit hat das Quintett dennoch nix mit Seichtigkeit am Hut. --- Bei irgend 'ner Band habe mal hämisch von Metal goes Clubbing gefaselt. Hier könnte ich das auch tun. Aber ohne Häme.
Alles in Allem ist das Album für Prog-Metal nämlich überraschend unaufgeregt und ungewohnt intensiv. Dabei verzichten die Instrumentalisten auf circensische Höchstleistungen; alles läuft hier über dynamische Songstrukturen und Wechselspiele aus bratenden Metalparts, flockigem Swing und schaumigem Trip-Pop. Ein echtes Kunst(-)Stück, dass diese Melange völlig homogen und natürlich rüberkommt.
Individuell herausragend sicher Agnete M. Kirkevaag. Sie sorgt mit ihrer energetischen Stimme für die jazzrockigen Extremwerte. Das nimmt auch mal neurotische Züge an, aber stellt so ein schönes Gegengewicht gegen ein Zuviel an Lässigkeit dar. Daneben bezirzt sie wie eine französische Chansonette, rockt das Haus wie Lisa DALBELLO oder dringt auf leicht symphonische Territorien vor, die eher Goth-Metal Sängerinnen vorbehalten sind. Insofern ist es wirklich gut, dass sich die Instrumente zurücknehmen. Und bloß andeuten, dass die Jungs nicht nur als Komponisten klasse sind.
Schon beim zweiten Umlauf tendiere ich zum Überläufer. Nach dem Dritten haben sie mich. Als Hörer keinesfalls überfordert, als Rezensent weiterhin, kann / will ich einer Band, die so erfrischend (anders) ist, nach der vierten Umdrehung die Note aber nicht länger verweigern.
Wem man das tolle Album empfehlen kann? Hmm... Keine Ahnung! Allen, die scheuklappenfrei Musik genießen können? Metaller, die Capuccino trinken und das „Zeit"- Feuilleton lesen? Ich weiß, dass es die gibt...