Neben Romeo selbst sind der aufstrebende Sänger Rick Castellano, Bassist John DeServio (auch bei BLACK LABEL SOCIETY aktiv) und Drummer John Macaluso auf dem ersten Teil des Konzeptalbums zu hören, dessen Nachfolger schon so gut wie fertig ist. Aufgenommen hat der SYMPHONY X-Sechssaiter das Album in seinem eigenen Studio.
Wie klingt MICHAEL ROMEO solo?
Wenn der Hauptkomponist seiner eigenen Band ein Soloalbum veröffentlicht, ahnt man, in welche Richtung das Songmaterial geht. So auch auf "War Of The Worlds Pt. 1": Insgesamt erinnert das Material mehr oder weniger stark an SYMPHONY X. Allerdings lässt Michael Romeo orchestralem Bombast sehr viel Raum, wodurch man sich stellenweise wie in einem Soundtrack wähnt, für den vor allem John Williams Pate gestanden hat.
Darüber hinaus nutzt Romeo stilfremde Elemente aus EDM/Dubstep. Neben SYMPHONY X erinnern die Songs durch die orchestrale Untermalung stellenweise an DREAM THEATERs letzten Output, in epischen Passagen dezent an ANUBIS GATE ("Andromeda Unchained"!) und dramaturgisch hauchdünn an AYREON. Im Vordergrund stehen vor einem feinen, progressiven Metal-Gerüst wahnsinnig eingängige Melodien und eine mitreißende Dramatik.
Soundtrack meets Progressive Metal
Für ein Feeling wie im Film sorgt direkt die "Introduction", in der Michael Romeo dramatische Orchester-Klänge mit Progressive Metal verbindet. Erinnert ein wenig an den Einstieg des letzten DREAM THEATER-Albums "The Astonishing". Im bombastisch-melodischen Opener "Fear The Unknown", mit deutlicher SYMPHONY X-Handschrift, treffen treibende Riffs auf gradiose Harmonien, der Chorus sitzt schon nach dem ersten Hören fest im Ohr. Leads und Soli sind allererste Sahne.
Nach einem nahtlosen Übergang geht's in das von Orchester, brettharten Riffs und Doublebass-Drums eröffnete, düstere "Black" über. Auch hier kommt Romeo schnell mit einem markanten Chorus auf den Punkt. Sänger Rick Castellano singt kräftig und rau und beweist sich generell als sehr songdienlicher Vokalist, der seine Stimme den verschiedenen Stimmungen perfekt anpasst. Ausladende Instrumentalpassagen, in denen Romeo mit seiner Sechssaitigen brilliert, ergänzen den famosen Sechsminüter.
"War Of The Worlds Pt. 1" lässt das Progger-Herz höher schlagen
Mit "F*cking Robots" folgt mein persönliches Album-Highlight. Die kalt-technoide Nummer lebt nach einem Gitarren-Piano-Intro von dem ungewöhnlichen Wechselspiel aus fetten EDM-/Dubstep-Elementen und einem wahnsinnig eingängigen, unfassbar epischen Chorus, der Liebhabern des Genres schon beim ersten Hören Freudentränen in die Augen treiben sollte. "Djinn" beginnt bretthart und bleibt seiner kompromisslosen Linie 4 1/2 Minuten lang treu, bis ein Break das Tempo zügelt und der Song mit Percussions, Orchestrierung und bereits zuvor angedeuteten, arabisch angehauchten Gesängen glänzt. Streckenweise geht der Siebeneinhalbminüter als pures Instrumental durch, in dem die Band (allen voran Romeo) ihr halsbrecherisches Können präsentiert.
Als satt orchestrierte (Halb-)Ballade mit abwechslungsreichem Soundtrack-Feeling und positiver Stimmung gibt "Believe" die bombastische Verschnaufpause, die trotz der opulenten Spielzeit von 8 1/2 Minuten zu keiner Sekunde langweilig wird. Das Gitarrensolo in der zweiten Hälfte zeigt, dass Romeo nicht nur wieselflink die Saiten schrubben, sondern auch sehr gefühlvoll spielen kann. Knackig in bester SYMPHONY X-Manier geht's in "Differences" weiter. Der bärenstarke Chorus wird von wirbelnden Gitarren untermalt, dezente Chöre sorgen für Dramatik.
Das kurze, instrumentale Zwischenstück "War Machine" nimmt wie einige Nummern zuvor Melodien aus der Einleitung wieder auf und zeigt die perfekte Symbiose aus hartem Metal und Orchester-Bombast. Der gitarrenlastige Midtempo-Stampfer "Oblivion" bietet einmal mehr düstere, brettharte Riffs und einen hörenswerten Chorus, bevor das weitgehend instrumentale Finale "Constellations" nach einem ruhigen Beginn schnell an Detailreichtum und Dramatik zunimmt und ein solch beeindruckendes Album beschließt, dass man das plötzliche Ende gar nicht so recht fassen kann und hektisch auf die Repeat-Taste drückt. Zum Glück steht der zweite Teil schon in den Startlöchern.
Besser als SYMPHONY X?
Woran sich DREAM THEATER mit dem zahnlosen, aufgeblähten "The Astonishing" verhoben haben, schafft MICHAEL ROMEO: Eine düstere (wenn auch nicht selbst erfundene) Geschichte musikalisch voller Spannung, Dramatik und Epik zu vertonen und einen Soundtrack/Prog Metal-Hybriden zu erschaffen, in dem Orchester-Bombast und harte Riffs problemlos Hand in Hand gehen. "War Of The Worlds Pt. 1" ist durch die Wiederholung und Variation von Themen und Fragmenten und die Überleitungen zwischen den Songs ein Album aus einem Guss, vollgepackt mit abwechslungsreichen, melodischen Highlights, für die sich Romeo selbst bei seiner Hauptband SYMPHONY X richtig strecken müsste.
Kurz gesagt: "War Of The Worlds Pt. 1" ist das beste Prog-Album mit vertontem Storytelling seit dem 2017 erschienenen AYREON-Meisterwerk "The Source".
Trackliste:
1. Introduction
2. Fear The Unknown
3. Black
4. F*cking Robots
5. Djinn
6. Believe
7. Differences
8. War Machine
9. Oblivion
10.Constellations
Band:
Michael Romeo - Gitarre
Rick Castellano - Vocals
John DeServio - Bass
John Macaluso - Drums