Kalt und trickreich
Denn auch der eigenwillige Sound der Australier bricht über den geneigten Hörer herein wie eine Naturkatastrophe. Kalt und präzise bahnen sich ungewohnt progressive Grooves ihren Weg, während die djentigen Riffs stets unerwartet und überraschend auf die Trommelfelle einprasseln. "The Last One“ gibt sich erfrischend komplex, pfeift auf ausgelutschte Strukturen und lässt keinerlei Raum für Vorhersehbarkeit. Stattdessen lotet das Album die Grenzen des Genres aus und greift bisweilen auch zu elektronischen und Alternative-Elementen.
Dieser Mix ist aber oftmals alles andere als angenehm, denn CIRCLES übertreiben es regelmäßig mit ihrem Bestreben, etwas gänzlich Neues zu schaffen. Zu oft verkommt die Progressivität zum Selbstzweck, ja zu einer Karikatur ihrer selbst. Nicht selten erweisen sich die Songs als Ansammlung von hochqualitativen Versatzstücken, welche teils wirr, teils sinnvoll zusammengesetzt wurden. So ist es beinahe ironisch, dass CIRCLES insbesondere dann zu glänzen vermögen, wenn die Band ihre progressive Kreativität zügeln kann und sich am Mainstream orientiert („Tether“).
Ein anstrengender Kontrast
Opfer dieser Umstände ist vor allem Sänger Ben Rechter, der eine fantastische Gesangsleistung auf die Scheibe bringt, letztlich aber nicht so ganz ins Bild passen will. Zu oft muss der Neufronter mit seiner warmen, emotionsgeladenen Stimme gegen die djentig-kalte Urgewalt der Instrumentalabteilung ankämpfen. Nur selten finden Band und Sänger so gut zusammen wie im starken "Blueprints For A Great Escape“. Selbstverständlich ließe sich dieses widersprüchliche Spiel der Elemente ganz im Sinne der Progressivität als künstlerisch wertvoll auslegen, doch de facto ist dieser Kontrast auf Dauer vor allem eins: anstrengend.
So ist "The Last One“ unter dem Strich ein technisch herausragendes, aber auch anspruchsvolles Album geworden, welches einiges an Einarbeitungszeit erfordert. Häufig vergessen die Australier beim Ausleben ihres Fortschrittsgedankens, das Wesentliche im Auge zu behalten und den Song selbst in den Mittelpunkt zu stellen. CIRCLES haben auf "The Last One“ Potenzial verschenkt, aber auch ein Album kreiert, welches sicherlich unter Prog-Jüngern seine Anhänger finden dürfte.
Tracklist
01. Winter (04:12)
02. Breaker (03:50)
03. The Messenger (03:29)
04. Arrival (05:57)
05. Tether (03:15)
06. Resolution (03:34)
07. Dream Sequence (04:49)
08. Renegade (05:29)
09. Blueprints for a Great Escape (04:48)
10. Alone With Ghosts (05:59)
Line-up
Ben Rechter - Lead Vocals / Guitar
Ted Furuhashi - Guitar / Backing Vocals
David Hunter – Drums
Drew Patton - Bass Guitar / Screamed Vocals