HAKENs "Rockoper" mit Konzept
Sänger Ross Jennings gibt zu Protokoll, dass "Vector" lyrisch so sehr "Rockoper" sei, wie es HAKEN möglich ist. Das Album erzählt und vertont aus seiner eigenen Perspektive das Innenleben eines Patienten. Er scheint katatonisch zu sein. Doch woher kommen die verstärkt aufblitzenden Erinnerungen in seinem Kopf? Oder sind es bloß aus der Behandlung resultierende Täuschungen des unheimlichen Doktors, der ein ganz besonderes Interesse an dem Protagonisten zeigt?
Gitarrist Charlie Griffiths überlässt weitere Interpretationen den Fans. Die Idee mag gerade im progressiven Metal alles andere als neu sein, funktioniert aber auf "Vector" ausgezeichnet. Vielleicht deshalb, weil sich der vom Thema faszinierte Keyboarder Diego Tejeida tatsächlich einer eigenen Psychoanalyse unterzogen hat und seine Erfahrungen in die Lyrics einfließen ließ.
Härter als "The Affinity", aber auch weniger eingängig
Musikalisch kann das fünfte HAKEN-Album als kaum etwas anderes als die logische, härtere Fortsetzung von "Affinity" beschrieben werden. Laut eigener Aussage erkannte die Band schon früh im Songwriting, dass das Material Metal-lastiger sein würde. Genau das ist der Fall: Schon der Opener "The Good Doctor" wartet mit brettharten Riffs auf, bevor die typischen vertrackten Elemente, elektronischen Spielereien und Jennings sanfte, melancholische Vocals hinzu kommen.
Das ein oder andere Riff erinnert mehr oder weniger dezent an DREAM THEATER, deren Einfluss HAKEN weiterhin gekonnt mit Art und Fusion Rock verbinden. Schon das über 12 Minuten lange "Veil" ist eine echte Herausforderung für den Hörer, das abgepfiffene "Nil By Mouth" stellt dann den totalen Mindfuck dar, vor dem selbst eingefleischte Fans wohl im ersten Moment kapitulieren. Durch den erhöhten Härte- und Frickelgrad lassen HAKEN zumindest in der Mitte des Albums leichtfüßige und erhabene Melodien vermissen, bevor es das verlorene, bedrückende "Host" (mit anfänglichen Bläsern) ruhiger angehen lässt. Mit "A Cell Divides" lassen es HAKEN am Ende dann noch einmal richtig krachen.
"Vector" glänzt mit sattem Sound und geizt mit Harmonien
Um ihr bislang härtestes Material mit dem passenden Klang auszustatten, haben HAKEN für den Mix bei Adam "Nolly" Getgood (ex-PERIPHERY) angefragt, während die Band selbst die Produktion übernahm. Die Rechnung ging auf: Auf "Vector" fliegen song- und klangtechnisch die Fetzen – und zwar teilweise so heftig, dass die Harmonien teils zu stark auf der Strecke bleiben. Das Sextett übertreibt es auf seinem neuen Album etwas zu sehr mit dem Gefrickel.
Wer die mit "Affinity" begonnene Ausrichtung schätzt und HAKEN in noch härter mag, wird auch mit "Vector" glücklich. So ein bisschen vermisst man die Leichtigkeit früherer Alben aber doch.
Trackliste:
1. CLEAR
2. THE GOOD DOCTOR
3. PUZZLE BOX
4. VEIL
5. NIL BY MOUTH
6. HOST
7. A CELL DIVIDES
Band:
Ross Jennings – vocals
Richard Henshall – guitars
Charlie Griffiths – guitars
Diego Tejeida – keyboards, sound design
Conner Green – bass guitar
Raymond Hearne – drums