Radius Null - s/t


Review

Stil (Spielzeit): Doom / Stoner / Progressive (71:12)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenproduktion (Juli 2006)
Bewertung: Beeindruckend. [8/10]
Link: http://www.radius-null.de

Bis zu einem Band-Wettberwerb kürzlich war mir diese Band auch kein Begriff. Dort glänzten RADIUS NULL aber so sehr, dass ich mir diesen Langspieler besorgte, in der Hoffnung ähnlich große Freude an ihm zu haben, wie an dem Auftritt. So lehne ich mich zurück und schmiere mir die sechzehn in Eigenregie aufgenommenen Stücke aufs Brot.

Wie kaum anders zu erwarten dauert es nicht lange, bis ich mich auch schon verschlucke. Aalglatt und bekömmlich klingt auf jeden Fall etwas anders. Mitreißend und rau wird der Hörer mit dumpfen Klängen und hypnotischem Gesang in einem beachtlichen Tempo in ihr Reich gezerrt. Das in drei Kapitel geteilte "Der Zweifel" ist schon das erste Beispiel dafür, dass bei diesem felsschweren Happen das Gewicht nicht mit Resignation aufzuwiegen ist, denn erstaunlich aufmunternd glänzt im dritten Kapitel der Gesang und lässt immer wieder Lichtstrahlen durch das einstürzende Höhlendach blitzen.
Glänzend unterhalten bahne ich mir als Hörer einen Weg durch die Tonnen von Schutt und genieße die dröhnende Schwere. Luft zum Atmen bleibt nur zwischen den Stücken, denn selbst in Passagen - wie zum Beispiel dem ersten der beiden Teile von "Das Schicksal" - in denen die wuchtigen Gitarren schweigen und sanfteren Klängen aus Bass, Gitarre und Schlagzeug weichen, traut man sich kaum zu hoffen.  Mit "Das Wasser" machen sie sich auf zu etwas experimentelleren Ufern und bestehen die Prüfung mit Bravur.
Was der Band auf den ersten Eindruck hin an verspielten Gitarrensoli oder Synthesizern fehlen mag wird mit staubtrockener, schmackhafter Schwere wieder wettgemacht und macht so zwar etwas durstig aber schafft Atmosphäre.
Nach den ersten elf, auf deutsch gesungenen Stücken folgen nun fünf weitere in Englisch. Der Gesang bleibt auch im Folgenden stets klar und driftet nicht in die Gutturale ab.
Mit "Towards Days" kombinieren sie nun erneut stimmige Brüche und melancholische Refraingesänge, gepaart mit einem treibendem Schlagzeug und einem unbeschreiblich satten Bass. Wenn man seit der ersten Minute dabei ist, liegt der Klang langsam etwas schwer im Magen, schmeckt aber so gut, dass man nicht leiser drehen oder ausstellen möchte. Ansätze von Sprechgesang drücken sich durch die Lasten in "Shores Of Insanity" an die Oberfläche und lockern die Sepia-farbene Schwere auf - wider Erwarten ohne dabei peinlich oder deplaziert zu klingen.

Was bleibt übrig nach diesem Mühlstein? Eine seltsame, wohlige Melancholie, tonnenschwere Eindrücke und eine leichte Apathie. Mit über siebzig Minuten Spielzeit bringt das Schmuckstück immerhin ordentlich Pfunde auf die Waage und die Hamburger haben damit eine riesige Vorratspackung abgeliefert. Dank der Überlänge ist die Empfehlung des Hauses daher den Langspieler in diätgerechten Portionen zu genießen, so wird man daran sehr, sehr lange eine Freunde haben und Überdosen vorbeugen.

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