Stil (Spielzeit): Prog (66:40)
Label/Vertrieb (VÖ): ProgRock Records / SPV (11.07.08)
Bewertung: 6,5 / 10
Link: www.odinscourtband.com/
Tjahahaaaa... ODIN’S COURT machen schon im ersten Stück „Terracide“ klar, wie wenig sie sich um Genregrenzen kümmern: Verträumte Gitarre plus Sprachsample im Stile des Progressive Rocks der 70er wird abgelöst von einer Rhythmik, mit der nicht zuletzt TOOL viele progressive Musiker beeinflusst haben. Nur dass die Band aus dem US-Bundesstaat Maryland noch ein für den klassischen Prog typisches Keyboard drüberklatscht und die moderne Steigerung „typisch 70er“ abschließt. Dann folgt ein Break, ein wilder Basslauf sorgt für Aufsehen, eine Akustikklampfe taucht aus dem Nichts auf, noch mehr Sprachsamples wollen gehört werden, Percussions, Synthies und Drums steigen ein - zack - wieder ein Bruch, wieder TOOLiges Gerumpel, plötzlich völlige Entspannung...Elegie...Zu viel für ein Stück? Wer dem zustimmt, klickt spätestens hier weg. Der Rest sollte weiterlesen.
Puh, schütteln wir uns frei vom wagemutigen, aber gelungenen Stiltaumel des noch rein instrumentalen Openers und heißen wir bei „Volatilestial“ zum einen Gesang (Bandarchitekt Matt Brookins und später auch die Gastvokalisten Tom Englund von EVERGREY und Tony Sakko von SONATA ARCTICA) willkommen und zum anderen auch den gern gehörten Gast namens Classic Rock, der sich hier freudig in den progressiven Ringelreihen einreiht. Später kommt in den zwölf Stücken, die Spielzeiten zwischen knapp drei und fast acht Minuten aufweisen, noch Progmetal hinzu, aber auch Folk und mittelalterliche Klänge finden Eingang in die Songs, ebenso wie an der Klassik orientiertes Piano und gedoppelte Gitarrenläufe. Von PINK FLOYD bis IRON MAIDEN, von DREAM THEATER bis TOOL reichen die Einflüsse. Der klassischen Gitarre werden ebenso wie dem jazzigen Saxophon von Gastmusiker Bill Green beachtliche Freiräume gegeben. Das eingängigste Stück ist noch eine Coverversion von Ludwig van Beethoven’s Komposition zu Schillers „Ode an die Freude“.
Übrigens sind alle anderen Namen der Songs Wortneuschöpfungen, die zumeist auf lateinischen Begriffen beruhen und allerlei Assoziationen erlauben.
Die Gesangsparts sind in Bezug auf Sound und Songwriting nicht immer stimmig in die Songs integriert und klingen teilweise nach First Takes. Ich finde auch die Synthies stellenweise extrem kitschig, aber diese Art von Synthies ist ja im Prog traditionell diskussionsträchtig.
Grundsätzlich werfen (handwerklich sicherlich perfekte) Alben wie dieses die Frage auf, ob der Versuch alle progressiven Stile zu integrieren überhaupt sinnvoll ist, oder ob man sich dann nicht zwangsläufig verheddert. ODIN’S COURT servieren mit „Deathanity“ ein sehr üppiges Mahl, bei dem Magenverstimmungen durchaus möglich sind. Der Größenwahn ist ein stetiger Begleiter.