Mit ZEN ZEBRA tat ich mich mal richtig schwer. Der theatralisch, größtenteils wehleidige Gesang gepaart mit der chaotischen, aber irgendwie doch auch sehr schönen Musik - ich konnte das nicht in Einklang bringen und mir einfach kein Bild von ZEN ZEBRA aus Leipzig machen.
Was ich aber sofort merke, ist, dass es sich sicher nicht (ganz gleich, ob es gefällt oder nicht) um belanglose, lieblose Musik ohne Herz handelt. Ganz im Gegenteil, da ist irgendwas. Das Cover von „Awaystation" spricht mich auch sofort an, hat was von Sehnsucht. Je mehr ich mich mit ZEN ZEBRA befasse, desto weniger verstehe ich sie und desto mehr interessieren sie mich. Ich kann weder Songstruktur noch konkrete Stilrichtung ausmachen. Eine Fahrt ins ahnungslose Nirgendwo, aber irgendwie gut unterhalten - so fühle ich mich nach mehreren Durchgängen von „Awaystation".
Wie soll ich das beschreiben? Stellt euch eine weinerliche, teils kratzige oder auch sehr hohe männliche Stimme vor. Dann noch eine Art rockige Entspannungsmusik, abwechselnd mit indie-artigen Ausbrüchen, fernab von üblichen Songstrukturen, mit meist stark wummerndem Bass und großen, weit ausholenden Melodien. Immer dann, wenn ihr die Stücke richtig gut findet und denkt, dass ihr die Formel gefressen habt, verlaufen sie ganz anders oder enden unvermittelt. Was bleibt, ist die herzzerreißende Stimme von diesem Typen, der dich am Schopf packt und irgendwo tief drinnen trifft, ohne dass du weißt, was er eigentlich von dir will. Dazu Fragmente von hochtonigen Melodien, zusammen mit einer Art Ernüchterung und dem Gefühl, eine böse Tragödie gerade so überstanden zu haben. So fühlt sich ZEN ZEBRA für mich an, oder wie THE FALL OF TROY etwas gesättigter in einer dunklen Lebensphase. „Awaystation" funktioniert wie ein ganzes Stück, ein einziger Fiebertraum, nicht bestehend aus mehreren Songs.
„I'm talking quietly, not to wake myself up" wird uns ins Ohr geflüstert. Das trifft es ganz gut, der fremdartige Mix lädt zum Abdriften ein, während der Titel „This Song Could Bear All Your Names" schon fast wie ein anrührendes Indie-Post Core Theaterstück wirkt.
Sehr intensiv, verstörend, chaotisch, crank, manisch-depressiv aber irgendwie geil, ohne dass ich einen Song nachpfeifen könnte, sie gehen teilweise auch nahtlos ineinander über. Auch wenn es tempomäßig nie besonders extreme Fahrt aufnimmt, ZEN ZEBRA sind sehr aufwühlend und zu hundert Prozent radiountauglich, aber live dafür sicherlich umso besser.
Keine Easy-Listening Platte, aber eine besondere mit einem ganz speziellen Charme, nicht zuletzt durch den Stempel von BLACKMAIL-Mastermind Kurt Ebelhäuser. Was die Ausstrahlung angeht, erinnern mich ZEN ZEBRA an LA DISPUTE.
Anspieltipps: Rubicube, This Song Could Bear All Your Names