David Gilmour ist PINK FLOYD
So erschien 1987 das 13. Studioalbum "A Momentary Lapse Of Reason" - von vielen Fans, die PINK FLOYD mit dem Ausstieg Waters zu Grabe getragen haben, ein kommerzgetriebenes Machwerk, dem das zweifellose kompositorische Genie Waters an allen Ecken und Enden fehlt. Während "The Final Cut" Waters' Soloalbum ist, handelt es sich bei "A Momentary Lapse Of Reasons" um Gilmours Baby. Nick Masons Schlagzeugspiel war dem Gitarristen nicht gut genug, weshalb er seine Drumspuren von Gastmusikern neu aufnehmen ließ. Richard Wright fungierte als Gastmusiker, bevor er auf der begleitenden Tour wieder zum festen Bandmitglied aufstieg.
Erstmals seit zig Jahren ist das Album nun wieder auf Vinyl erhältlich. Der 180 Gramm schweren, schwarzen Scheibe liegt das Remastering des 2011 erschienenen CD-Remasterings zugrunde. Viel herausholen konnte man bereits da nicht mehr aus der auf Hochglanz polierten, typischen Endachtziger-Produktion mit haufenweise Effekten, dem Einsatz eines Drumcomputers und so weiter. Das Cover von Storm Thorgerson wirkt auch im Großformat nicht wirklich spektakulär, dem Album liegt erneut kein Download-Code oder gar eine Bonus-CD bei.
Sphärischer, progressiver, aber auch poppiger
Musikalisch bewegt sich "A Momentary Lapse Of Reason" wieder ein Stück auf die Bandanfänge zu und rückt vom erzählerischen, leisen Stil des Vorgängers "The Final Cut" ab. Die Songs sind wieder sphärischer, spaciger (man höre nur den der atmosphärischen Opener "Signs Of Life") - und deutlich poppiger, wie das luftige "Learning To Fly" und das treibende "One Slip", das mit seinen Melodien, den begleitenden Gitarren und seinem Refrain für mich zu den heimlichen Albumhighlights zählt, zeigen. Das schmeckte und schmeckt nicht jedem.
Gleichzeitig sind die Songs kantiger und progressiver ("The Dogs Of War", "Yet Another Movie") als auf den beiden Alben davor. Der Anteil an Instrumentalpassagen ist wieder deutlich höher, der an ohrenschmeichelnden Melodien ebenfalls - selbst, wenn diese manchmal zu zuckersüß durchs Ohr gepresst werden wollen.
Mit "Terminal Frost" wird ein interessantes Instrumental geboten, die Ballade "On The Turning Away" schrammt mit Keyboards und Effekten überladen gerade noch am allertiefsten Kitsch vorbei. Dafür klingen die Gitarrensoli wunderbar gefühlvoll. Die Saxophon-Einlagen in mehreren Songs sind passend und nicht peinlich, und endlich gibt's auch wieder Tempowechsel und leicht vertrackte Passagen.
Das Album, das PINK FLOYD brauchten
Ein Klassiker vom Format der legendären Großtaten ist "A Momentary Lapse Of Reason" nicht. Dafür sind insgesamt betrachtet die Melodien zu süß, die Effekthascherei zu groß, die Texte zu flach. Jedoch funktionieren auf dem 13. PINK FLOYD-Album die Songs auch für sich alleine, Gilmours Gesang war mir schon immer sympathischer als der von Waters, und das gefühlvolle Gitarrenspiel bekommt eh kaum jemand besser hin.
Trotz einiger schwacher Momente und Gilmours Alleingang wirkt der Longplayer deutlich runder als "The Final Cut" und klingt einfach mehr nach PINK FLOYD. Mit dem knapp neunminütigen "Sorrow" haben die Briten am Ende sogar einen echten Klassiker geschaffen: die brachialen Gitarren zu Beginn, der treibende Aufbau, der sehnsuchtsvolle Refrain und das geniale Gitarrensolo am Ende sind legendär!
Trackliste
Seite A
Signs of Life (Gilmour/Ezrin) – 4:24
Learning to Fly (Gilmour/Moore/Ezrin/Carin) – 4:53
The Dogs of War (Gilmour/Moore) – 6:05
One Slip (Gilmour/Manzanera) – 5:10
On the Turning Away (Gilmour/Moore) – 5:42
Seite B
Yet Another Movie (Gilmour/Leonard) – 6:18
Round and Around (Gilmour/Leonard) – 1:10
A New Machine (Part 1) (Gilmour) – 1:46
Terminal Frost (Gilmour) – 6:17
A New Machine (Part 2) (Gilmour) – 0:38
Sorrow (Gilmour) – 8:46