Amplifier - s/t (Re-Release) Tipp


Review

Stil (Spielzeit): Progressive Alterna-Rock (63:05 / 18:49)
Label/Vertrieb (VÖ): Steamhammer/SPV (06.06.05)
Bewertung: Grandios! (10/10)
Link:  www.amplifiertheband.com

Den totalen Overkill an brutal guten Alternative-Prog-Songs, das und nichts weniger bietet dieses selbstbetitelte Album der drei Briten von Amplifier, die sich selber gerne als „biggest three piece in the world" bezeichnen. Mächtige Worte für eine Band, die gerade mal ein Album veröffentlich hat - und zwar schon letztes Frühjahr. Doch drehen wir den Zeiger zum besseren Verständnis ein wenig zurück ...

Drei Jahre lang basteln Sel Balamir (Gitarre und Gesang), Matt Brobin (Schlagzeug) und Neil Mahony (Bass) irgendwo in Manchester an ihrer ersten gemeinsamen Platte, die bereits so viel versprechend klingt, dass sie neben Balamir von Steve Lyon (Depeche Mode, The Cure) coproduziert und von Chris Sheldon (Foo Fighters, My Vitriol, Feeder) gemixt wird.
Nach der Veröffentlichung 2004 spielt man Sommer-Festivals und Shows zusammen mit Deftones, Datsuns, Melissa Auf der Maur, Therapy?, Explosions In The Sky und Oceansize, wird bei den Kerrang!-Awards als beste Newcomer Band nominiert und hinterlässt nicht nur bei Pressevertretern offene Münder.

Trotz allen Glücks: Die Verkaufszahlen bleiben hinter den Erwartungen zurück und Amplifier über die Grenzen der UK hinaus eher unbekannt. Dazu kommt, dass die Promotion-Arbeit von Music For Nations zu Wünschen übrig lässt. - Verständlich, denn das Label geht just in jenen Tagen pleite und die Jungs werden wie alle anderen nun heimatlosen Bands in die Muttergesellschaft Zomba eingeliedert, die mit SPV einen Deal für Deutschland ausmacht - und das Debüt nebst zusätzlicher 4-Track EP und zwei Videos wiederveröffentlicht. Willkommen in der Gegenwart!

Bereits die ersten kraftvollen Töne auf „Amplifier" ziehen den Hörer in ihren Bann, saugen sich an ihm fest und lassen die gesamte Stunde Spielzeit nicht von ihm ab. Schwierig ist sie in Worte zu fassen, die Faszination, die ausgeht von den überaus atmosphärischen Songs, die in ihrer melodischen, sich langsam steigernden Majestätik Vergleiche mit Bands wie Tool, A Perfect Circle und auch Porcupine Tree fordern, fast ohne diesen in Bezug auf Tiefgang und Ausdruck auch nur gering nachzustehen.

Dass drei Musiker genügen, um derart emotional aufwühlende Soundscapes zu kreieren, in denen melancholisch-düstere Gitarrenlicks auf sich lavaähnlich schleppende Beats treffen, oftmals in einem Rausch aus Klängen und wabernden Tongespinsten gipfeln und zu denen Sel Balamir singt, als hätte er Maynard James Keenan (Tool, A Perfect Circle) die Stimmbänder entliehen - das ist wirklich kaum zu glauben.

Sechs Minuten und länger dauern die völlig zeitlosen Songs, deren drei erste miteinander verbunden zu sein scheinen, so beängstigend übergangslos fügen sich ihre tonnenschweren Riffwände ineinander ein, so dicht legt sich der schwere Schleier klangverfremdeter Töne über eine Landschaft purer Musikschönheit. Es folgen Titel von stärkerer Klarheit und größerer Leichtigkeit, die jedoch nicht minder eruptiv rocken und eine Soundwand aufbauen, wie ich sie in solch gefährlicher Schönheit und Dichte selten gehört habe.

So könnte es von Song zu Song gehen, das Schwärmen und Vergleichen, Loben und Preisen. Wobei ich noch nicht einmal auf die dem Re-Release beiliegende EP zu sprechen gekommen bin, welche die bis dato nur in England erhältlichen B-Seiten und Videoclips zu „The Consultancy" und „Neon" bietet. Die hier zu hörenden Songs sind ein wenig geradliniger gestrickt, entwickeln nicht übergreifend die Dichte und Atmosphäre des Hauptwerks und zelebrieren insgesamt ein wenig offensiver und kürzer ausholend progressiven Post-Rock.

Genug der vielen Worte: Wer dieses Album nicht bereits seit letztem Sommer in seinem Besitz hat, der sollte das schleunigst nachholen. Ein göttliches Stück Musik... und das war erst das Debüt!
Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!