Parzivals Eye - Fragments

parzivalsexe_fragments

Stil (Spielzeit): Prog (1:18:18)
Label/Vertrieb (VÖ): Red Farm/Rough Trade (09.09.09)
Bewertung: 8/10

Links: www.parzivalsz-eye.com
www.myspace.com/parzivalzeye 
So weit es traditionellen Prog Rock betrifft, dürften RPWL zur deutschen Spitzengruppe gehören. Nachdem sich die Band aus dem bayrischen Freisingen in den letzten Jahren recht veröffentlichungsfreudig gezeigt hat, liefern die Musiker nun auch vermehrt Solo-Alben ab. So auch Bassist Chris Postl, der sich unter anderem mit Christina Booth (MAGENTA), Alan Reed (PALLAS), Ian Bairnson (ALAN PARSON'S PROJECT), Yogi Lang (RPWL) und Ossi Schaller (u.a. MELISSA ETHERIDGE, JOSHUA KADISON) verstärkt hat.

Bereits RPWL konnten nie verhehlen, einen wesentlichen Teil ihrer Inspiration von PINK FLOYD bezogen zu haben, und auch „Fragments" hört man die Verehrung der Engländer über weite Strecken sehr deutlich an. So beginnt das Album mit getragenen Synthie-Klängen der Marke „Shine On You Crazy Diamond", danach kommen bei mir vor allem wieder Assoziationen zu „The Wall" auf, weil der gefühlte Spannungsbogen sehr ähnlich ausfällt, aber auch, wenn etwa der Anschlag bei „Disguise" etwas nach „Run Like Hell" light klingt. Vor allem sind es aber die Gilmour-mäßigen Gitarrensoli, die sich cremig über die Songs legen, die mich immer und immer wieder an PINK FLOYD denken lassen.
Aus dem Rahmen fällt der Graham Nash (CROSBY, STILLS & NASH) Song „Chicago". Die gospelartige Pianoballade bringt eine ganz neue Intensität in das Album, nicht zuletzt durch Christina Booth, steht allerdings auch ein bißchen alleine und mag sich, abgesehen vom kompatiblen Sound, auch nicht in den Zusammenhang einfügen.

Was mir dieses eigentlich schöne Album etwas verleidet und letztendlich auch eine noch bessere Wertung verhindert hat, sind die Texte. Inhaltlich gibt es dabei nichts auszusetzen und Postl hat auch die deutsche Unart der „reim dich, oder ich fress' dich" Dichtung weitgehend unterlassen, aber bedeutungsschwangere Inhalte wirken im schönsten Wörterbuchenglisch einfach nur noch halb so gewichtig. Wenn dann die Aussprache noch an einen Siebtklässer im Englischunterricht erinnert, hilft das der Tragweite der Texte auch nicht unbedingt.
Daneben gibt es aber nicht viel zu meckern. Das Können der Musiker ist unbestritten. Das sehen die glücklicherweise auch selbst so und verzichten darauf, ihr technisches Spielvermögen in Szene zu setzen. Die Produktion klingt rund und ausgewogen.

Wer RPWL mag, wird auch PARZIVALS EYE mögen. Das erkennt man nicht zuletzt daran, dass der RPWL Song „Another Day", der dem Album als Bonustrack beigefügt wurde, eigentlich gar nicht auffällt. Wer PINK FLOYD mag und die Hoffnung auf gemeinsames Material von Gilmour und Waters, vermutlich zu Recht, aufgegeben hat, sollte auch mal ein Ohr riskieren, denn zumindest von der Stimmung ist PARZIVALS EYE hin und wieder sehr nah am Original. Kurz: Chris Postl ist ein starkes Pro-Album gelungen, vielleicht sogar stärker, als so manche Veröffentlichung seiner Hauptband in den letzten Jahren.