Stil: Deutschpunk alter Schule
Label/Vertrieb (VÖ): Aggressive Punk Produktionen (06.08.10)
Bewertung: 2,5 / 10
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1,2,3,4… Herzlich willkommen zum Proletarischen Terzett mit Reiz, Kotze und Büchse --oder waren’s Ratz und Rübe? Na, auch egal, der Unterschied verschwimmt eh, wenn man sich erst mal bei drei Promille eingependelt hat. Und anders ist das kaum auszuhalten… „Geht mir das Leben auf den Sack, dann hol ich mir `nen Sechserpack.“ Jo, so woll’n wir euch hör’n! OIOIOI!
1,2… 1,2,3,4… Wen SLIME intellektuell überfordern, wer …BUT ALIVE für eine Prog-Metal Band hält oder bloß die letzten 30 Jahre im Karlsquell-Koma auf der Intensiven lag… Für den könnte die Reinkarnation all jener namenlosen Deutschpunkbands, die in den Wirren der Wendezeit vor Aldi von kaufberauschten Zonies zu Tode getrampelt worden sind, eventuell die Rettung sein:
1,2,9,4 … Musikalisch wird alles beklaut, was tot oder zu alt und gebrechlich ist, um sich zu wehren: natürlich die üblichen Verdächtigen wie, TOXOPLASMA, SLIME, WKZ u.ä. Und sogar die Spider Murphy Gang. Das geht schon deshalb in Ordnung, weil das ja das Klassenziel ist: Mit viel Spaß dicht an die gute alte Zeit heranzukommen. Und weil der Vortrag hinlänglich dilettantisch ist, hätte das vielleicht klappen können.
Textuell: ein paar politisch korrekte Phrasen, ansonsten apolitisch wie Glam-Rock und auch sonst von eher schlichtem Gemüt. Also eher albern als witzig. Es geht um Saufen, Döner, Saufen, todgeweihte Bauarbeiter, Saufen, Emosäue, Saufen, Blutpopel u.s.w. Man hat doofe kleine Hörspiele und ein doofes Fussballlied im Angebot (mit obligatorischem Hansa Rostock-Dissen --Gähn!--) und lässt auch sonst kaum eine Plattitüde aus… Anderes war „lyrisch“ kaum zu erwarten. Wie gesagt, soweit völlig in Ordnung und das ist die Ordnung der spießigen Spaßgesellschaft. Aber:
1, 2, 3, Hartz IV? Auf mich wirkt Anno 2010 die Rudelbildung abhängender Punks vor Bahnhöfen ja ohnehin ein bisschen wie Dekomaterial. Als hätte die Behörde für Stadtentwicklung sie dort drapiert, um urbanes Restflair zu verbreiten... Noch viel fremdkörperhafter kommen KOTZREIZ daher: die völlig keimfreie Produktion mag der Hauptfaktor sein. Nostalgie kommt jedenfalls auch bei x-mal gehörten Riffs nicht auf, wenn sie nicht nach schimmligem, biergetränktem Proberaum, dafür sehr nach aufgeräumtem Studio klingen.
Ernst nehmen kann und soll man das wohl auch sicher nicht, wie die musikal.-textlichen Übertreibungen schnell klar machen. Insofern ist es ein ehrliches Album. Ehrlicher Punk ist es nicht, bloß kalkulierte Leichenfledderei.
Wer es leid ist, seit 20, 30 Jahren dieselben durchgenudelten Scheiben / Kasetten zu hören, kann ja mal ein Ohr riskieren. Und sich den Klamauk zur Satire schöntrinken.