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Bis hierhin ging es gut, doch vermutlich wird es schlimm... Na, das wollen wir doch wirklich nicht hoffen. Ist aber auch nicht zu erwarten. Denn zumindest der erste Teil dieses Satzes, welcher dem großartigen Titeltrack der neuesten FAHNENFLUCHT-Scheibe entnommen ist, entspricht absolut der Wahrheit, wenn man ihn denn auf die Entwicklung der Band bezieht. Bis hierhin ging es tatsächlich mehr als gut. Und das über mittlerweile vier Studioalben, eine Split mit ZAUNPFAHL und diverse Beiträge zu verschiedenen Deutschpunk-Samplern. Und wenn die fünf aggressiven Rheinberger nicht entgegen aller Erwartungen in Zukunft plötzlich eine ganz andere Schiene fahren werden, dann bleibt zu erwarten, dass das nächste Album dieser außergewöhnlich anspruchsvollen Punkformation wieder alles andere als schlimm werden wird. Die Jungs von FAHNENFLUCHT standen schon immer und stehen auch heute noch für qualitativ hochwertigen Deutschpunk mit einer deutlichen Metal-Kante und einem drückenden Soundgewand. Das haben sie mit „Schwarzmaler“ nun ein weiteres Mal mehr als eindrucksvoll bewiesen.
Dieser Eindruck entsteht bereits während des treibenden Openers „Augen auf!“, welcher nur wenige Sekunden benötigt, um den geneigten Hörer mit eingängigem Refrain, knüppleharten Strophen und jeder Menge Mitgrölpotential in den Bann dieser Scheibe zu ziehen. Eigentlich kaum zu glauben, dass man es hier mit einer Punkplatte zu tun hat. Der dichte Sound drückt wirklich hervorragend aus den Boxen und die Gitarren schrammeln nicht bloß ideenlos vor sich hin, sondern machen nachdrücklich klar, dass die Herren von FAHNENFLUCHT neben DRITTE WAHL, BETONTOD, SLIME und RAWSIDE sicherlich auch die eine oder andere Thrashmetal-Scheibe im heimischen Plattenschrank stehen haben. Das schlägt sich auch auf das meist überdurchschnittlich schnelle Drumming nieder, welches zwar überwiegend in immer der selben treibenden und wenig variantenreichen Art und Weise geknüppelt wird, wie es sich für Punk nun mal gehört, zumindest ab und an jedoch auch mal in groovende oder auch richtig flinke Gefilde abrutscht. In Verbindung mit den brachial schreddernden Riffings, einem ordentlich wummernden Bass und den aggressiven Vocals, welche immer ein wenig an den guten Tom Angelripper erinnern, ergibt das ein stimmiges Gesamtbild, wie man es von dem Quintett gewohnt ist.
Ebenso dürfte sich der gemeine FAHNENLUCHT-Fan mittlerweile an die relativ cleveren und hintergründigen Texte der Band gewöhnt haben. Hier gibt es mehr auf die Ohren als das in Punkkreisen übliche Geschimpfe auf das untragbare System und den obligatorischen Song über eine verflossene Liebe. Selbstverständlich wird zumindest die erste Thematik auch auf „Schwarzmaler“ angeschnitten. Doch wird dies in Titeln wie „Leben ist tödlich“ oder „Alle vier Jahre“ auf verhältnismäßig anspruchsvolle Weise getan und ein Song wie „Was tun wenn’s brennt“ beansprucht nicht bloß die Bein- und Nackenmuskulatur, sondern auch die grauen Zellen. Insgesamt werden in den zwölf Tracks verschiedenste Themen aufgegriffen, welche allesamt sehr kritisch daherkommen und von einem überdurchschnittlichen Intellekt der fünf Fahnenflüchtigen zeugen. In Verbindung mit den einwandfrei eingespielten Instrumenten und einem Songwriting, welches gerne mal aus den simplen Punkstrukturen ausbricht, kann man bezüglich „Schwarzmaler“ wohl von einer Punkplatte für gehobene Ansprüche sprechen. So wie man es eben gewohnt ist.
Als einzigen richtigen Kritikpunkt kann ich eigentlich nur den meiner Meinung nach etwas zu niedrig gehaltenen Melodieanteil anführen. Langanhaltend im Ohr verweilende Singalongs wie etwa der Refrain von „Meinetwegen Glas“ oder der kleine Zwischenpart im Opener sind leider insgesamt etwas vernachlässigt worden. Dabei passen diese melodischen Passagen hervorragend ins Gesamtbild und nehmen diesem nicht im Geringsten die Aggressivität, auf welche hier ganz klar das Hauptaugenmerk gelegt wurde. Davon also bitte etwas mehr beim nächsten Mal. Dann wäre auch die Langzeitmotivation nachhaltig gesichert und es gäbe wirklich nicht den Anflug eines Grundes zum Schwarzmalen. Das Leben ist doch so bunt...
Stil (Spielzeit): Punk (42:37)
Label/Vertrieb (VÖ): Aggressive Punk Produktionen (11.03.11)
Bewertung: 8 / 10