DxBxSx - Zugriff Tipp

DxBxSx

Stil (Spielzeit): Punk (40:22)
Label/Vertrieb (VÖ): Elektrohasch Schallplatten (15.04.11)
Bewertung: 0 / 10

Link:
http://www.myspace.com/drivebs

Punk… Dem ist eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Das hier ist Punk aus tiefster Seele. Punk aus jeder Pore. So viel Punk passt in keinen Mohawk. DIE TOTEN HOSEN sind Pop. WIZO machen Kinderlieder. RAWSIDE einen auf Hardcore. BETONTOD gehören ins Radio. Und KNOCHENFABRIK sind einfach mies. Wer im deutschsprachigen Sektor des Punkrocks nach authentischer Attitüde, schonungslosen Texten, ehrlicher Ablehnung jeglicher Autorität, geistreicher Gesellschaftskritik, rauem Garagensound und einem nicht bloß sinnbildlich hoch erhobenen Mittelfinger sucht, der sollte unbedingt Abstand nehmen von Nasenringen, bunten Irokesenschnitten sowie zerschlissenen Lederjacken, Jeans und Stiefeln. Wahrer Punk hat seinen Ursprung im Herzen. Augenringe, buntes Gedankengut sowei zerschlissene Lebern, Lungen und Ohren. Das ist Punk. Das ist DXBXSX. Das ist nicht bloß simple Gitarrenmusik in miesem Soundgewand, plakativ zur Schau gestellter Minderwertigkeitskomplex und das entsprechende Outfit, sondern eine Lebenseinstellung. Schon bei der Betrachtung des mehr als aussagekräftigen Coverartworks von „Zugriff“ schleicht sich ein leidenschaftliches Gefühl von Anarchie ein...
Und der geneigte Hörer wird nicht enttäuscht. Auch musikalisch erhalten die drei Berliner das anarchistische Gefühl, welches man aufgrund des ebenso simplen wie deutlichen Artworks erwartet, von der ersten bis zur letzten Sekunde aufrecht. Aber nicht etwa auf die klassische Art und Weise, sondern auf ihre ganz eigene. Wer hier typisch treibende Drums, eingängige Gitarren und die obligatorischen Grölhymnen erwartet, der liegt so falsch wie ein vernünftiger Mensch im Bett eines Nazis. Die drei kaputten Jungs von DXBXSX spielen eine merkwürdig anmutende Mischung aus Rock, Punk, Funk und Fuzz, wobei das Hauptaugenmerk eher auf konventionelle Rockklänge gelegt wird als auf ordinären Punk. Die Eingängigkeit steht ganz klar hinten an und kommt häufig erst beim zweiten Durchlauf. Dann jedoch richtig. Als dieses krass eigenwillige Stück Musikgeschichte zum ersten Mal in meiner Anlage rotierte, war mein Eindruck von den vierzehn darauf enthaltenen Tracks zugegebenermaßen noch ein gänzlich anderer als jetzt. Der grausig schiefe und zudem leicht lisbelnde Gesang erinnerte mich stark an DIE KASSIERER und auch die auf den ersten Blick dümmlich wirkenden Texte konnten alles andere als überzeugen. Der ungehobelte Sound tat dann sein übriges, mich denken zu lassen, DXBXSX seien einfach eine ziemlich schlechte Spaßkapelle, die niveaulose Songs über das Saufen schreibt...

Das sieht mittlerweile anders aus. Da musste wohl erst einmal der latente Punkrocker in mir geweckt werden, welcher in fast jedem von uns schlummert, um DXBXSX richtig begreifen zu können und deren unaufgesetzte und verflucht ehrliche Attitüde aufzusaugen. Denn die Texte auf diesem großartigen Debutalbum sind alles andere als dümmlich. Ebenso clevere wie subtile Denkanstöße verpackt in unverblümte und recht unterhaltsame Umgangssprache machen Tracks wie „Der Zaun“ oder „New Beat“ zu echten Perlen der gesellschaftskritischen Rockmusik. Selbst in so simpel anmutenden Titeln wie dem ohrwurmtauglichen „Die Ex von Otto“ kann ein tieferer Sinn vermutet werden. Und so bleiben die Songs trotz des Mangels an eingängigen Melodien und nachhaltigen Singalongs im Ohr hängen. An die kaputte Stimme von Frontmann Tom „Angel“ Haarbrücker gewöhnt man sich auch recht schnell. Ebenso an die extrem lässigen und von unterschiedlichsten Stilrichtungen beeinflussten musikalischen Entgleisungen und den ungeschliffenen Sound. Stoner Rock ist auf „Zugriff“ ebenso präsent wie Garage oder Psychedelic...

Fans von TON STEINE SCHERBEN werden ganz sicher Gefallen finden an diesem originell vertonten Amoklauf. Freunde von MOTÖRHEAD vielleicht auch. Wer mit lauten, dreckigen und humorvollen Wutausbrüchen hingegen nichts anfangen kann, dem werden die vierzehn kaputten Tracks auf „Zugriff“ vermutlich ziemlich schnell auf den Sack gehen. Also ich finde DXBXSX super. Zehn Punkte? Sieben? Zwei? Null? Scheißegal. Als ob sich die Jungs einen Dreck um Bewertungen von irgendwelchen selbsternannten Kritikern scheren würden...