Jolly Roger - Wohin Es Uns Führt...

Jolly_Roger

Stil (Spielzeit): Punkrock (26:30)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenproduktion (2011)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/duesseldorfpunkrock

Sei es im Kino oder in der Tagesschau... Mit Kajal oder mit Automatikwaffe... Piraten liegen voll im Trend. Und was wird bekanntlich von Trends und Modeerscheinungen am stärksten beeinflusst? Richtig. Die gemeine Punkszene. Kein Wunder also, dass sich auch diese bis vor Kurzem noch unter dem Namen NOTAUFNAHME ihr Unwesen treibende Punkband aus Düsseldorf kurzerhand in JOLLY ROGER umbenannt hat und nun hofft, mit Augenklappen, Holzbeinen und säbelrasselnden Soundgewändern ein geeignetes Label zu finden, welches sich bereit erklärt, das Quartett unter seine Fittiche zu nehmen. Und dass dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird, halte ich gar nicht mal für so unwahrscheinlich. Denn mal ganz abgesehen von der vermutlich nicht wirklich beabsichtigten Brisanz ihres Bandnamens und des damit verbundenen musikalischen Konzeptes wissen die Jungs durchaus mit den recht eingängig gestalteten Hymnen auf ihrer Debutscheibe zu überzeugen. Genaugenommen ist der moderne Punk vom klassischen Piraten ja auch nicht allzu weit entfernt. Das passt schon zusammen. Besser noch als der gemeine Metalbär. So gesehen sind JOLLY ROGER also auf alle Fälle authentischer und ernstzunehmender als solch Kapellen wie ALESTORM und Konsorten...
Und das, obwohl die lyrischen Ergüsse der vier Düsseldorfer eigentlich gar nicht mal so stark piratenlastig sind, wie man jetzt vermuten könnte. Bis auf den mit dem Bandnamen betitelten Opener, welcher allerdings auch den meiner Meinung nach besten Titel auf „Wohin Es Uns Führt...“ darstellt, taucht die allseits beliebte Totenschädelthematik so gut wie gar nicht mehr in den Texten auf. Doch gerade dadurch erkämpft sich JOLLY ROGER auch eine gewisse Ernsthaftigkeit im Vergleich zu ihren chronisch alkoholkranken Metalpendants. Denn wie es sich für Punkrock nun mal gehört, behandeln die Lyrics auch hier selbstverständlich primär sozialkritische Themen und ein wenig Alltagsgeschehen aus dem Leben eines unzufrieden in einer feindseligen Welt lebenden Menschen mit Nasenring. Fernweh statt Fernseher. Also in dieser Hinsicht gibt es bei JOLLY ROGER nichts Weltbewegendes zu vermerken. Allerdings sind die altbekannten Themen hier stets solide formuliert und recht stimmig aufgebaut. Das hat man oft genug schon woanders wesentlich dümmer gehört. Und besagter Opener weiß trotz seines unverhältnismäßig anspruchslosen Inhaltes ebenfalls zu überzeugen. Oder auch gerade deswegen...

Denn was gibt es Überzeugenderes in diesem Genre als einen so richtig schön simplen und mitreißenden Gassenhauer mit einem Refrain, der sofort ins Ohr geht,? Richtig. Höchstens ein guter Sound. Nun, dies stellt in Punkgefilden natürlich eine echte Rarität dar und so bleibt es auch im Falle JOLLY ROGER bei solidem Mittelmaß. Aber zumindest besagte Singalongs findet man auf „Wohin Es Uns Führt...“ zuhauf. Die acht Tracks leben von ihren eingängigen Hooks und den stets gut nachvollziehbaren Songstrukturen. Die Instrumentalisierung ist zwar nicht sonderlich außergewöhnlich, kann mit rhythmischem Midtempo-Drumming und nicht zu schrammeligen Gitarren jedoch zumindest ein handfestes und verhältnismäßig zugängliches Schiff bauen, mit dem Kapitän Christian Hoffmeier direkt in das Erinnerungsvermögen seiner geneigten Hörer segelt. Und das gelingt ihm nicht zuletzt aufgrund seiner angenehm sanften Stimme...

Das mag sich für den Sänger einer Punkband zwar nicht unbedingt nach einem Kompliment anhören, doch so ist es auf alle Fälle gemeint. Der dezente und rauchige Grölgesang klingt nicht selten stark nach Sammy von den BROILERS. Intonierung genauso wie Intensität sind mit deren neueren Werken teilweise sehr gut zu vergleichen. An diesen Stellen erinnert dann auch die Musik gerne mal ein wenig an die BROILERS, wenn auch deren Originalität nicht ansatzweise erreicht werden kann. Das einzige Ausgefallene diesbezüglich sind neben dem Piratenintro im Opener ein paar kurze Streichereinlagen in „All die Jahre“. Ansonsten klingt es überwiegend nach Bands wie BETONTOD oder DIE TOTEN HOSEN. Nicht unbedingt ein Ausnahmewerk, aber immerhin trifft es voll meinen Geschmack. Dafür einen Extrapunkt...