Stil(Spielzeit): Electro-Punk (43:08)
Label/Vertrieb (V.Ö.): Digital Hardcore Recordings / Rough Trade (20.06.11)
Bewertung: 6 / 10
Link: MySpace
Wow – das ist ja ein Reise in die Vergangenheit. Ich glaube, das letzte Mal habe ich ATARI TEENAGE RIOT gehört, als ich noch zur Schule ging. Damals war es so ziemlich das Heftigste, was ich kannte: kranker Techno und Noise mit politischen Parolen und Anarcho-Punk-Attitüde. Das war in den 90igern.
Ein Drittel des Trios ist leider schon tot (Carl Crack), Hanin Elias ist mittlerweile auch nicht mehr dabei und von Alec Empire habe ich jetzt auch immer nur hin und wieder mal was gehört, weswegen ich doch einigermaßen verwundert bin, hier auf einmal ein neues Album vor mir liegen zu haben. Allerdings hat sich mittlerweile vieles geändert: Mein Empfinden für harte Musik ist um einiges ausgedehnt worden und meine Bereitschaft, mich von drastischen politischen Parolen begeistern zu lassen, ist um einiges gesunken. Dennoch bin ich aber auch irgendwie froh, dass es da überhaupt noch Leute gibt, die Musik damit verbinden und nicht nur über Herzschmerz etc. singen.
Allerdings fehlt mir heute so ein wenig der positive Schockeffekt, den die Band in den 90igern in mir ausgelöst hat. Klar sind die Beats hart und die „Song"-Strukturen chaotisch und aufreibend – aber manchmal geht das auch schon Richtung „nervig". Und dieser Flüstertüteneffekt über den Stimmen in Zusammenhang mit dem manchmal etwas zu aktionistischem Gekreische führt auch nicht immer zum gewollten Effekt. Dafür müssen sie sich aber auch nicht den Vorwurf anhören, sie würden lediglich politisch aufgeladene Tanzmusik machen – so einfach machen sie es dem Hörer nämlich nun wirklich nicht. Ist nur die Frage, ob man das hören möchte.
Man muss auf jeden Fall schon etwas für Parolen und Agitation übrig haben, um diese Platte zu mögen – ganz so einfach, wie es in „Is This Hyperreal?" beschrieben ist, wird eine Revolution wohl kaum ablaufen. Trotzdem kann ich mich dem ein oder anderen Gedankengang nicht verschließen. Denn auch wenn ich andere Wege nutzen würde, halte ich einiges ihres Gedankengutes für höchst aktuell und wichtig. Die Frage ist halt nur, wie man sich Veränderung vorstellt. Ihrer Musik sind ATARI TEENAGE RIOT auf jeden Fall eher treu geblieben – auch wenn ich sie heftiger in Erinnerung habe.
Braucht man das vierte Album der drei neu zusammengewürfelten Berliner? Nicht unbedingt. Aber wer auf Krach, Aktionismus, politische Tiraden und absolute Punk-Attitüde steht und sich mal wieder außerhalb des kleinen Rahmens „Punk und Hardcore" bewegen möchte, sei herzlich eingeladen, den Versuch zu unternehmen, hierzu das Tanzbein zu schwingen.