Link: http://www.myspace.com/betontod
Diese Jungs spielen keine Popsongs… Wer also Lust auf poppige Melodien von glitzernden Rockstars in einstudierten Posen hat, der muss BETONTOD nun leider wieder von der Liste der anzuhimmelnden Sternchen streichen, denn hier werden ausschließlich harte Melodien von krass unangepassten Antirockstars mit erhobenen Mittelfingern geboten. Der mittlerweile fünfte Longplayer dieser Punkkapelle aus Nordrhein-Westfalen ist laut bandeigener Aussage der bisher härteste und pisst sinnbildlich eine Dreiviertelstunde lang aus vollem Rohr in den Mainstream. Das nenne ich mal ein gesundes Selbstbewusstsein. Fehlt eigentlich bloß noch der direkte Vergleich zu den SEX PISTOLS. Also wenn ich bedenke, dass ich vor Kurzem in einem Review BETONTOD noch als verhältnismäßig radiotauglich beschrieben habe, muss ich derartige Textpassagen zwangsläufig ein wenig belächeln, denn an meiner persönlichen Einschätzung von der betontoten Massenkompatibilität hat sich bis heute nicht viel geändert. Für diese leicht überzogene Selbsteinschätzung muss ich leider einen Punkt abziehen. Ein Blick auf die obige Bewertung sollte jedoch gleich wieder klarstellen, dass man es hier trotz allem mit einem großartigen Album zu tun hat, welches den geneigten Hörer auf seine ganz eigene Art zu überzeugen weiß...
Und diese Art wird nicht etwa durch sonderlich auffällige Härte oder eigenwillige Individualität definiert, sondern viel mehr durch hervorragende Eingängigkeit, interessantes Songwriting, auffallend hohen Mitgrölfaktor, viel Herz und das daraus resultierende, runde Gesamtbild. So wie man es von BETONTOD gewohnt ist. Ich bin aufgrund der stets äußerst hochwertigen Vermengung von Punk, Deutschrock und Metal, welche die Band seit ihrer ersten Scheibe bastelt, schon lange ein echter Fan der fünf Jungs und die eingangs erwähnte und vielleicht etwas negativ anmutende Radiotauglichkeit war für mich persönlich eigentlich immer schon ein eher positiver Aspekt. Wenn ich BETONTOD höre, dann möchte ich mich genötigt fühlen, mitzusingen, die Lautstärke aufzudrehen und mich zu bewegen. So und nicht anders muss deutschsprachiger Punk mit Hang zum gemeinen Deutschrock und einer Prise Metalriffings klingen. Dieses Gebräu erlebte seinen Höhepunkt mit der genialen „Schwarzes Blut“, büßte dann ein wenig an Stärke ein mit der etwas zu Deutschrock-lastigen „Glaubeliebehoffnung“ und dürfte mit der „Antirockstars“ nun glücklicherweise wieder jedes Punkerherz mit Vorliebe für Melodie höher schlagen lassen...
Die dreizehn Tracks bieten wie immer jede Menge unterschiedlicher Emotionen und etliche innovative Ideen, ohne dabei den roten Faden zu verlieren oder gar unzugänglich zu wirken. Der wunderbar harmonisch eingeläutete Opener „Gloria“ erinnert zwar ein wenig an rockige Schlagermucke, besticht aber durch absolute Ohrwurmqualität. Im darauffolgenden „Gasolin“ hingegen dominiert musikalische sowie lyrische Härte, während Titel wie „Auf eine gute Zeit“ oder das mit der bekanntesten und auch dümmlichsten LORD ULLI-Melodie versehene und vielleicht gerade dadurch stark einnehmende „König Alkohol“ einfach nur extrem gute Laune verbreiten. Darüber hinaus gibt es einige äußerst typische, aber stets gewohnt hochwertige Songs wie „Steh auf!“ oder „Blut“ zu hören, welche überwiegend mit relativ anspruchsvollen Texten versehen wurden. Allerdings sind auch diverse lyrische Griffe ins Klo zu vermerken, was aufgrund der im Vordergrund stehenden und durchgehend ausgeprägten melodischen Eingängigkeit jedoch nicht sonderlich negativ ins Gewicht fällt. Mit dem abschließenden „20 Jahre“ ist auch wieder eine Ballade enthalten und das bereits kürzlich auf der gleichnamigen EP erschienene „Keine Popsongs“ gibt das Motto vor, unter welchem die ganze Platte steht. Oder zumindest gerne stehen würde...
Doch so poppig die einzelnen Titel durch die leichte Zugänglichkeit auch anmuten mögen, so wenig gibt es doch letztendlich auszusetzen. Abwechslungsreiches Gitarrenspiel, variierende Rhythmen, die prägnante Grölstimme, starke Melodien und viele stilistische Auflockerungen machen „Antirockstars“ zu einem ansehnlich produzierten Leckerbissen für Fans sowohl von FREIWILD als auch von DRITTE WAHL und Konsorten. Also kauft Euch jetzt diese Platte...
Stil (Spielzeit): Punkrock (43:43)
Label/Vertrieb (VÖ): Better Than Hell Records (26.08.11)
Bewertung: 9 / 10