The Levellers - Letters from the Underground


 



Stil (Spielzeit): Folk Rock/Punk (36:00)

Label/Vertrieb (VÖ): Skycap/Rough Trade (22.08.2008)

Bewertung: Ein verdammtes Glanzlicht! (9/10)

Link: http://www.levellers.co.uk/

Meiner bescheidenen Meinung nach gibt es sehr wenige Bands, die es schaffen, politisches Engagement, wirklich starke Musik und einen einzigartigen Stil miteinander zu verbinden. Die Levellers legen dieses schwierige Kunststück, diese komplizierte Gratwanderung nun schon seit unglaublichen 20 Jahren hin, was mich dazu verführen könnte zu jammern, dass ich allmählich alt werde, aber angesichts der neuen Scheibe der Jungs KANN ich nicht mehr jammern. Wirklich nicht. Geht nicht.

Sie sind also zurück. Fast vier Jahre mussten wir warten, aber ich kann ohne mit der Wimper zu zucken sagen: es hat sich gelohnt. „Letters from the Underground“ ist nicht mehr oder weniger als ein mächtiger Paukenschlag.
Ich weiß vor Begeisterung eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Vorne? Vielleicht nicht die dümmste Idee, denn das erste Stück auf der CD ist mit eine der stärksten Nummern überhaupt auf dem Silberling, was schon etwas heißen will, denn es gibt auf „Letters from the Underground“ keinen einzigen Durchhänger.
„ The Cholera Well“ ist genau der Track, der einen Levellers-Fan der alten Tage glücklich machen dürfte, das musikalische Pendant zum Auftreten einer Tür. Schnell, treibend, verführt sofort zum Tanzen, Hopsen und schreit danach, möglichst schnell den Text zu ergattern, damit man lauthals mitsingen kann. Schlechte Laune und „The Cholera Well“... das geht zusammen nicht. Oder doch?
Seit Jahr und Tag habe ich zugegebenermaßen ein Problem damit, Sänger Mark Chadwick zu verstehen, bin mir aber nicht sicher, ob das beim einfachen Durchhören der CD ein Fluch oder Segen ist. Denn die Lyrics sind ohne Zweifel wenig förderlich für die gute Laune. Die Levellers zeigen sich nach wie vor als aufmerksame Beobachter des Weltgeschehens und nutzen ihre Musik als Sprachrohr, um auf die Dinge hinzuweisen, die der ein oder andere erst gar nicht sehen oder zumindest vergessen will.
Brisante Themen werden im Laufe der CD angeschnitten, ohne jedoch einem geschliffenen Konzept zu folgen. Die Medien bekommen ihren Teil ab, es geht um das Gesundheitssystem, die Bombenangriffe auf England, aber auch um einen Freund, den man zu früh gehen lassen musste, um nur einige Beispiele zu nennen.
Ich kann die Fähigkeit, auf der einen Seite kritische Texte zu schreiben und sie gleichzeitig mit derartig, man verzeihe mir den lahmen Ausdruck, fröhlicher Musik zu untermalen, nur bewundern.
Aber weiter im Text: eine weitere, absolut großartige Nummer ist ohne jeden Zweifel der Song „Before the end“, der mit dem sonoren Brummen des Didgeridoo beginnt und sich schließlich zu einer stampfenden Midtempo-Walze steigert. Erwähnte ich schon, dass ich es einfach genial finde, Musik, die so starke irische und englische Folk-Einflüsse hat, mit dem Brummen dieses urtümlichen Musikinstruments aus Australien zu veredeln? Nein? Hiermit geschehen!
Als nächstes schallt mir „Burn America Burn“ um die Ohren, das mich spontan ein klein wenig an frühe Aufnahmen der Hooters erinnert, ohne sich jedoch auch nur ansatzweise des Plagiats schuldig zu machen. Insgesamt ist der Song weniger verspielt als die anderen, rockiger und auf eine eigentümliche Weise präzise auf den Punkt gebracht. Auf jeden Fall jedoch ein weiterer Anspieltipp.

Gut, man merkt es vielleicht: im Grunde bin ich der festen Überzeugung, dass jeder Fan der Band und jeder Freund von Folk-Rock/Punk sich diese CD anhören, was sage ich, kaufen muss. jeder Song ist einzigartig und mehr als wert, sein eigenes kleines Review zu bekommen. Der einzige Kritikpunkt ist wirklich die derbe kurze Spielzeit, was sehr bedauerlich ist nach der langen Wartezeit. Aber wie dem auch sei: Für mich haben die Levellers mit dem Release von „Letters from the Underground“ fast geschafft, was ich bisher für unmöglich gehalten habe, nämlich meinen ewigen Favoriten „Levelling the land“ vom Thron zu verdrängen, aber eben doch nur fast. Ich will aber gerne zugeben, dass bei diesem Ranking vielleicht ein klein wenig Nostalgie meinerseits im Spiel ist.
Egal: genreübergreifend eine der CDs des Jahres für mich und angesichts der vielen genialen Releases von 2008 ist das wohl mit das größte Kompliment, was ich überhaupt machen kann.