The Sewer Rats - Wild At Heart

The Sewer Rats

Stil (Spielzeit): Punkabilly (41:58)
Label/Vertrieb (VÖ): Cargo Records (16.09.11)
Bewertung: 8 / 10
Link(s): http://www.myspace.com/sewerrats

Wild im Herzen… Aber leider nicht auf Platte. Ich will jetzt zwar nicht sagen, dass ich maßlos enttäuscht und den Tränen nah war, als ich „Wild At Heart“ zum ersten Mal in meiner Anlage rotieren ließ, aber ein wenig mehr Rotz habe ich mir schon erhofft. Genaugenommen ist der Rotzanteil bei THE SEWER RATS sogar verschwindend gering. Kein Vergleich zu meinem wetterbedingten Nasalzustand. Eine gewisse Toleranz für beschwingte Popmusik wird man wohl zwangsläufig aufzuwenden bereit sein müssen, um mit dieser dreiköpfigen Kanalratte warm zu werden. Zumindest was das neueste Werk des Kölner Trios betrifft. Denn entgegen des durch Bandname, Albumtitel und Outfit vermittelten Ersteindrucks hauen die Jungs dem geneigten Hörer hier nicht etwa masseninkompatible Rockabilly-Granaten oder gar dreckige Garagenpunk-Klatschen um die Ohren, sondern legen verstärkten Wert auf Mitsingpotential, Eingängigkeit und Wiedererkennungswert. Der Großteil der zwölf Tracks auf „Wild At Heart“ würde in der Playlist eines beliebigen auch nur ansatzweise rockorientierten Radiosenders nicht sonderlich aus dem Rahmen fallen...

Ob dies nun als gänzlich negativ aufzufassen ist, muss allerdings jeder für sich entscheiden. Es ist ja auch nicht so, als hätte man es hier mit den neuen NICKELBACK zu tun. Nein, die Wurzeln der Kanalratten liegen ganz klar im punkigen Rockabilly. Wer die alten Scheiben der drei sympathischen Pomadenfreunde kennt, der weiß, dass es auch durchaus mal rotzig und kantig zugehen kann bei THE SEWER RATS. Die grundlegende Vorliebe für eingängige bis absolut poppige Melodien ist jedoch von Anfang an stets präsent gewesen. So ist zumindest mein Eindruck nach einer kurzen Internetrecherche, denn ich bin gerade zum ersten Mal mit den Ratten in Kontakt gekommen. Und ich muss sagen, dass ich diese Begegnung wirklich alles andere als bereue. Nach der anfänglichen Ernüchterung, als ich feststellen musste, wie wenig diese Band meiner Erwartungshaltung entspricht, beginne ich mich so langsam immer weiter im melodiösen Spinnennetz der Jungs zu verfangen und die obige Punktzahl scheint mit jedem einzelnen Durchlauf der Scheibe zu steigen. Wo soll das enden? Ich will mich ja gar nicht gegen die einnehmenden Singalongs wehren, aber eigentlich hatte ich mich mehr oder weniger auf einen der Radiotauglichkeit geschuldeten Verriss eingestellt. Doch daraus wird nach reiflicher Überlegung wohl nichts...

Mein unbedingter Tipp für alle potentiell Interessierten ist auf jeden Fall, dieser Platte etwas Zeit zu gewähren. Wenn auch die Songs nicht gleich beim ersten Durchlauf gezündet haben sollten, so besteht doch ganz klar die Gefahr, dass man sie nach dem dritten oder vierten so gar nicht mehr aus dem Kopf bekommen will. Fiese Ohrwürmer, die relativ subtil auch einen gewissen Bewegungsdrang mit sich bringen. Die Jungs verstehen definitiv etwas von ihrem Handwerk. Konkret würde ich dieses Handwerk als eine geschmeidige Mixtur aus SOCIAL DISTORTION, den STREET DOGS und einer beliebigen Rockabillykapelle beschreiben. Ein leicht folkig angehauchter Bastard aus sanften Gitarren, die zwischen beschwingten Klängen und angenehmen Schrammeleien pendeln, klackernden Bassläufen, die selbstverständlich einem Kontrabass entspringen, und ebenso rhythmischen wie unkomplizierten Trommeleien, die überwiegend in gemütlichem Tempo Füße und Köpfe zum Wippen auffordern. Insgesamt stellt dies eine sehr leicht verdauliche und äußerst zugängliche musikalische Begleitung für die wohlige Stimme von Frontmann Chris dar...

Dieser nette junge Mann gibt sich beste Mühe, die vokalistische Waage zwischen punkigem Geröhre, bluesiger Coolness und poppiger Melodie zu halten. Und das gelingt. Die typischen Rockabilly-Texte bleiben früher oder später unweigerlich im Ohr hängen und sind auch kaum bereit, dieses wieder zu verlassen. Meine absoluten Favoriten sind der Opener „Would it be alright“ und das ebenso gutgelaunte wie einnehmende „Hit the road“. Leider ist der Sound für meinen Geschmack doch deutlich zu glattgebügelt, aber letztendlich kann dies den positiven Gesamteindruck auch nur geringfügig schmälern. Also mich haben die Jungs auf alle Fälle sehr neugierig gemacht und nun steht die „Rat Attack“ auf meiner Einkaufsliste ganz oben...