Kotzreiz Facebook
KOTZREIZ sind drei Typen aus Berlin und machen Punk. Also nicht so wie die drei anderen Typen aus Berlin, sondern richtigen Punk. Wobei wir damit schon beim ersten Song wären: Der Opener „Punkerpolizei" beschäftigt sich, untermalt von minimalstem Geschrubbe, mit den Punkern, die mit erhobenem Zeigefinger die Kriterien für einen „echten Punk" festlegen (warum soll es euch anders gehen, als allen anderen Szenen ... ?). Netter Einstieg, ohne Wenn und Aber!
„Pfandflaschenmessi" bringt mich schon beim ersten Durchlauf (vor acht Uhr morgens, ist eventuell interessant zu wissen...) zum durch die Bude hopsen und Mitsingen. Besonders der elektronische Ummpa Part im Gegensatz zu dem punkigen Uffta Part macht deutlich: KOTZREIZ sind Stiel und alle anderen nur Besen! Wenn die Band simple Riffs raushaut, dann nicht, weil sie nichts anderes können – sondern weil sie es wollen!
Jeder Titel auf "Punk Bleibt Punk" kann mit einem lachenden Gesicht und einem Fleißsternchen versehen werden. Humor und musikalisch häufig überraschend. Auch wenn KOTZREIZ jetzt nicht die absolute musikalische Revolution lostreten, dann schaffen sie es doch mit Songs wie „Tränen" und „Der Klügere Kippt Nach" Stücke zu schreiben, die auf der einen Seite rohen Punk bedienen, aber auch emotional berühren. Dabei mogeln sie ganz unauffällig mal einen indiemäßigen Drumbeat oder ein poppiges Gitarrenriff dazwischen. Fällt kaum auf, macht aber den Reiz von „Punk Bleibt Punk" aus.
Eine Punkplatte ist irgendwie keine Punkplatte, wenn sie nicht mindestens eine Antinazi- Zeile beinhaltet. „Totale Vergiftung" überzeugt durch die wechselnden Rhythmen, besonders deshalb macht der Abgesang auf die dreckigen Rattenkinder Spaß! Einer meiner Lieblingssongs von „Punk Bleibt Punk" ist allerdings „Fahrschein", schon alleine weil ich diese Fahrscheinregelung nie so wirklich verstanden habe und Fahrscheinkontrolleure ein komisches Völkchen sind. Aber das besondere am Track ist eher das einleitende Hörspiel in Form einer U-Bahnszene made by KOTZREIZ (... "Hast du die Hausaufgaben gemacht?" ... "Nö, im Internet runtergeladen...!"). Aktuell ist es auch schick und nötig, die Institution „Facebook" mies zu singen. KOTZREIZ rechnen in Form von „Fressenbuch" („... du gefällst mir nicht!") zwar ordentlich ab, sind dann aber selbst auf Facebook, weil es wohl zum guten Ton gehört. Na ja, man kann nicht immer gewinnen...
Auch die Produktion ist fett, was man von Punkplatten leider nicht so gewohnt ist. KOTZREIZ verzichten vollkommen auf Jugendzentrumcharme, sondern servieren sauberen, klaren und differenzierten Sound. Die Vorschusslorbeeren von wegen "Genreklassiker" halte ich jetzt für übertrieben, aber auf jeden Fall ist das hier ein Lichtblick im Punkgenre und eine Platte, die sich lohnt und auch nach mehreren Durchläufen nicht langweilt. "Im Himmel gibt's kein Bier, drum trinken wir es hier" gibt es für die, die sich um den Hidden Track bemühen ...
Punk bleibt Punk, Scheiße bleibt Scheiße, Scheiß Arbeit, Scheiß Nazis... mehr braucht es eigentlich nicht. Let's fetz, jetzt, hier!
Stil (Spielzeit): Punk Rock (33:02)
Label/Vertrieb (VÖ): Aggressive Punk Produktione / Edel ( 14.09.12)
Bewertung: 7,5 / 10