Massendefekt - Land In Sicht


 

 

 



 
Stil (Spielzeit): Deutscher Punk mit Emo, Pop und Rock (46:12)
Label/Vertrieb (VÖ): Goldene Zeiten / Edel (18.08.06)
Bewertung: 5,5 bis 6/10
Link: http://www.massendefekt.com/
http://www.myspace.com/massendefektrock
MASSENDEFEKT aus Meerbusch machen es sich und mir wirklich nicht leicht. Ich könnte die Platte ohne Probleme in der Luft zerreißen, denn bestimmte Sachen dürfen bei einer Punkband nun mal nicht sein.

Auf der anderen Seite ist die Platte als solches ja ganz gut gelungen. Das hier ist deutschsprachiger Punkrock (nicht Deutschpunk), der zwar einen poppigen Sound hat, aber vom spielerischen her teilweise ganz gut die Muskeln spielen lässt. Im Sound von MASSENDEFFEKT findet sich Punk, Emo, Rock, Pop und Können. Mindestens einer der beiden Gitarristen geht für eine Punkband mal so richtig steil: Riffs, Soli und gute Ideen. Und auch der Rest der Band weiß diese Steilvorgabe dankbar anzunehmen und spielt sich ziemlich gekonnt durch 13 Songs. Manche der Songs sind eher poppig und könnten ohne Probleme im Radio hoch und runter gedudelt werden („Es Tut Immer Noch Weh“), andere vordern den geneigten Hörer eher zu einer breitbeinigen Haltung und ausgestreckten Armen auf (natürlich mit Zeige- und kleinem Finger abgespreizt) wie bei „Ein Tag Im November“ und andere Songs laden zum gepflegten Pogo ein („Höher, Schneller, Weiter“). Die Geschwindigkeit ist angenehm, aber niemals so hoch, dass man damit jemanden verschrecken würde.

Bis dahin ist ja alles in Ordnung, teilweise sogar richtig gut. Aber ich oute mich jetzt mal als intolerantes Arschloch. Denn ich hätte direkt auf das schicke DigiPack brechen können, als ich las, welcher „Stargast“ hier bei einem Lied mitmacht: MICKIE KRAUSE. Uahg, es tut mir schon weh den Namen des Ballerman-Vollidioten hier überhaupt zu schreiben. Und ist mir auch egal, wer mich jetzt für kleingeistig hält, aber das geht nicht. Nein! Nicht heute, nicht in zehn Jahren und vor allem nicht bei einer Punkband. Dazu kommt dann noch, dass der Song dämlich ist. Es ist nämlich „Nur Ein Sommerlied“, bei dem inhaltslose Reime gute Laune erzeugen sollen und bei dem am Schluss noch „So schmeckt der Sommer“ aus der Eiswerbung verbraten wird. Unterste Kanone! Schlechter Gastsänger, schlechter Song.

Leider haben MD auch noch einen zweiten Ausfall auf „Land In Sicht“. Zwar geht der musikalisch in Ordnung, aber textlich gesehen leistet die Band wieder den Offenbarungseid. „Ich bin Heavy Metal-Superstar – Ich Bin Immer Für Euch Da“. Ähm? Ja, bitte? Ist mir ne Metal-Castingshow entgangen, oder worüber soll der Text gehen? Musikalisch erinnert mich der Song übrigens an DRITTE WAHL in technisch versierter – eigentlich auch ganz gut, nur eben ein strunzdoofer Text. Wo wir grade bei strunzdoof und beim Namedropping sind: Wenn „Gewonnen“ nicht grade höchstgradig ironisch gemeint ist, erinnert er mit seiner Selbstherrlichkeit („Wir haben Gott gesehen! Er kniete vor uns nieder!“, „..nie ein heiliger gewesen“ etc.) textlich und musikalisch an so eine gewisse Ex-Punk-Ex-Nazi-Ex-existierende-Rockband aus Deutschland, die komischerweise immer nur von den falschen Leuten gehört wurde…

Halten wir also fest:

Drei textliche Totalausfälle, einige gute, einige Mittelmäßige und ein bis zwei richtig langweilige Song. Gute Mischung aus Punk, Rock, Emo und Pop. Etwas zu poppig – hätte härter ausfallen können. Keine Hamburger Schule (obwohl der Titeltrack ganz leicht in Richtung KETTCAR denken lässt) und kein Deutschpunk. Aber MICKIE KRAUSE. Wären hier nicht ein paar richtig gute Songs drauf, hätte ich hier ein Punkte Massaker gehabt. Auch der Disco-Funk-Pop-Stumpfsinn-Soll-Aber-Lustig-Sein-Tanz-Song am Ende hilft nicht unbedingt, den Namen MASSENDEFEKT komplett ernst zu nehmen. Ich schätze, hier möchte jemand durchaus ein paar Platten verkaufen und weiß auch, wie man sich ins Gespräch bringt. Wenn ihr beim nächsten Mal die Volldeppen zu Hause lasst und etwas weniger auf „Schenkelklopfer“ und starke Sprüche setzt, überleg ich mir das gerne nochmal – genug Potenzial ist ja definitiv vorhanden.
Kai