Andy, Ronny, Chor, Jens und Flo rumpeln und poltern sich mit „Wohnrakete" warm. Sofort fühlt man sich heimisch, es geht eben doch nichts über das Original! Kompromisslos und nicht immer ganz gerade singt, krakeelt, flucht und spricht sich Jens Rachut durch „You Pay I Fuck". Manche Melodien kann ich, wie immer, nicht komplett nachvollziehen, macht aber auch nichts. Denn wenn KOMMANDO SONNE-NMILCH erst mal losgelegt haben, ist man hilflos gefangen in der Spirale aus kräftigem, unermüdlichem Bass mit harmonischen Gitarrenmelodien und schwungvollem Schlagzeug. Man kann schlecht aufhören, bevor die Platte ihr Ende erreicht hat. Jens Rachut singt bittersüße, schöne Texte, immer unter der Devise „traurig, aber wahr".
„6/8" und „Brems Ab Das Karussell" gehören sicherlich zu den besten Stücken, die KOMMANDO SONNE-NMILCH überhaupt geschaffen haben. Immer schon den Wahnsinn in der Stimme, hauen uns die Hamburger knallharte Tatsachen auf die Ohren. Einfach formuliert, natürlich keine Sekunde platt und genau deshalb so ergreifend. „6/8" trumpft im "Refrain", wobei die Lieder keinem herkömmlichen Schema folgen, mit einem unschuldigen hohen Chor auf, der die Fakten noch unerträglicher macht. „Brems Ab Das Karussell" appelliert an den gesunden Menschenverstand, den sinnlosen Herdentrieb und die Chance, sich nicht der Illusion aus den Medien hinzugeben. „...denn deine Zeit ist nur begrenzt, sie bleibt ganz selten stehen, du musst jetzt bald mal durchdrehen, dann kann es weitergehen...".
Einen kleinen Ausfall gibt es leider mit „Liebesbombenkrater" zu vermelden. Da sind selbst mir der Herzschmerz und die wehmütige Art im Gesang etwas zu viel (auch wenn mir der Ansatz natürlich klar ist...), vom musikalischen Teil mal ganz abgesehen. Insgesamt gilt aber für „You Pay I Fuck" und KOMMANDO SONNE-NMILCH weiterhin, dass diese Truppe einfach eine Menge gute und schlaue Sachen sagt und tolle, aufwühlende Musik macht.
Ein KOMMANDO SONNE-NMILCH Album weckt immer auf, regt an darüber nachzudenken, ob die Scheiße nicht gerade in die komplett falsche Richtung läuft. Ohne erhobenen Zeigefinger wird man unweigerlich zurück in die Wirklichkeit geholt. In diesem Sinne ein Zitat von „Bezahlt": „Bist du schon verstrahlt oder freust du dich auf morgen? Zeigen dem Finger den Tod, bis er glüht. Hast du viel bezahlt für Fehler in deinem Leben? Oder bist du froh, dass dein Wecker nochmal piepst?"
KOMMANDO SONNE-NMILCH sind Kult und definitiv kann man die Hamburger, Jens Rachut aka Bernhard Schlauch ganz besonderes, als Initialzündung für den sogenannten Kopfpunk anführen. Der Titel der aktuellen Scheibe „You Pay I Fuck" lässt nicht unbedingt darauf schließen, aber ein kurzer Blick ins Booklet macht klar: KOMMANDO SONNE-NMILCH sind bissig, depressiv und mutig wie eh und je, wenn nicht sogar so sehr wie schon lange nicht mehr.