Radio Havanna - Unsere Stadt Brennt

Radio Havanna - Unsere Stadt Brennt
    Punk / Rock

    Label: Uncle M Music / Cargo Records
    VÖ: 13.02.2015
    Bewertung:6/10

    Radio Havanna


Wieviel Punk darf Pop – und wieviel Pop darf Punk? Kaum eine Frage, in Bezug auf Punkrock, hat schon mehr Freundschaften getrennt oder aber Unsympathen zu Sympathen gemacht, wie diese. Und eben diese Frage will mir auch beim Hören des neuen RADIO HAVANNA Rundlings "Unsere Stadt Brennt" nicht aus dem Kopf gehen.

Aber schmeißen wir mal alle Zweifel über Bord, beginnen passenderweise beim Opener „Schiffbruch" und packen es doch mal sportlich an.

Anpfiff: Punk=0, Pop=0

Der Öffner steht direkt auf der Seite des Punk. Stellt er doch gleich eine ganz klare Aussage zum Flüchtlingsproblem in Europa an den Beginn des Albums. Und wenn eines nicht zu trennen ist, ist es Punk und Politik.

Punk=1, Pop=0

Der Ausgleich folgt direkt, denn „Phantom" steht in unweigerlicher Campino-Manier auf der Seite des Pop.

Punk=1, Pop=1

Der Song "Raketen" kommt einem Elfmeter für die Pop-Seite gleich. Mehr Uni-Party geht nicht!

Punk=1, Pop=2

Mit „Kaputt" geht es aber wieder in die andere Richtung, denn allein schon der Songeinstieg macht Spaß und Laune auf eine illustre Runde mit Freunden und lässt den Fuß bis zum Ende mitwippen.

Punk=2, Pop=2

Bei „Dynamit" stehen die Zeichen ganz klar in Richtung Aufruhr und Veränderung, was ihn zum Punksong schlechthin machen würde ... wäre da nicht die musikalische Eintracht zwischen Piano und fehlender Eskalation.

Punk=2, Pop=2

„Glasherz" zeigt im Anschluss Gefühle und somit auch eher eine ruhigere Seite, was ihn aber auch noch lange nicht zu einem reinen Pop-Song macht.
Es bleibt zur Halbzeit des Albums beim Unentschieden.

Halbzeit: Punk=2, Pop=2

„Feuer" bringt wieder den Pop in Führung, denn gerade der eingängige Refrain scheint direkt für die letzte Runde in der heimatlichen Diskothek gemacht.

Punk=2, Pop=3

Mit „Unnormal" wird wieder das Gleichgewicht hergestellt, welches auch der Text des Liedes fordert. Allerdings eher aus der gesellschaftlichen Sicht.

Punk=3, Pop=3

Der Folgetitel „Geisterstadt" klingt sehr nach Abrechnung mit der ursprünglichen Suhler Heimat der Jungs, bevor es sie ins hippe Berlin gezogen hat. Hier gibt es einfach nur ein böses Foul, da das Lied nicht nur Vorurteile schürt.

Punk=3, Pop=3

Ein gefühlsbetontes Lied ist drin, aber zwei? Das wird eng und somit sorgt „Komm Zurück" für die erneute Pop-Führung.

Punk=3, Pop=4

Eine Ode an die Freundschaft stellt der Track „Sturm" dar und sorgt fast wieder für den Einstand zwischen Pop und Punk – aber eben nur fast!

Punk=3, Pop=4

... der letzte Song und Titelgeber „Unsere Stadt brennt" wird somit zwischen Sieg oder Unentschieden entscheiden. Und er sorgt nach anfänglichen Startschwierigkeiten zum Ende hin doch noch für das verdiente Unentschieden.

Endstand: Punk=4, Pop=4

Schlussendlich lässt sich sagen, dass RADIO HAVANNA seit ihrer letzten Veröffentlichung „Alerta" gereift sind. Und ein solcher Prozess hat einfach immer zwei Seiten, wie man nicht erst seit der BROILERS-Diskussion weiß ... man muss halt einfach nur entscheiden, auf welcher man selbst steht. Ich für meinen Teil habe meinen Platz eher auf der schwer entflammbaren Seite der Stadt, denn leider ist der sprichwörtliche Funke nicht übergesprungen.

Dennoch bin ich mir sicher, dass „Unsere Stadt Brennt" bei vielen ein Lauffeuer verursachen wird, denn es handelt sich definitiv um ein richtig gut produziertes Deutschrockalbum, welches nicht zuletzt durch seine musikalische und textliche Eingängigkeit überzeugt. Und mal ehrlich: Ein wenig mehr Punk könnte der Pop doch auch vertragen, oder?