Eine Dose Pils in der Hand, den Walkman auf den Ohren und das Skateboard unter den Sneakern – diese Zeitreise in die 90er unternehmen meine Hirnwindungen gerne einmal, wenn ich Nikola Sarcevics Stimme vernehme. Schließlich haben er und seine Mitstreiter von MILLENCOLIN mit ihren Alben „Tiny Tunes", „Life On A Plate" und „For Monkeys" so manche Hymne zur rollenden Punkbewegung beigetragen.
Mittlerweile ist das Skateboard allerdings Teil eines Bücherregals, die Dose längst durch eine eigene kleine Schankanlage ersetzt und das Abspielgerät findet sich fast unsichtbar in der Hosentasche wieder. Ebenso wandelte sich im Laufe der Zeit auch der Klang der Schweden. Haben sie doch seit ihrem 2002er Output „Home From Home" zunehmend an Geschwindigkeit verloren, dafür aber an Rockpathos gewonnen.
Hier liegt nun die Betonung allerdings ganz klar auf „haben". Denn dieser Entwicklung stellt sich nun, nach sieben Jahren, ihr neues Album „True Brew" in den Weg und drängt wieder in Richtung der alten Kerbe.
So möchte man bereits beim Opener „Egocentric Man" die mittlerweile kaputten Knochen vergessen und einfach dem Wochenende entgegenrollen! Dieses Verlangen soll einen auch während der noch folgenden 12 Song nicht mehr loslassen, daran ändern auch eher rockige Stücke wie „Chameleon" nichts. Im Gegenteil, sie sorgen eher für die entsprechenden Kanten dieses Albums, welche dem Vorgänger „Machine 15" definitiv gefehlt haben.
Der Höhepunkt der Platte wird passenderweise in der Mitte mit dem gleichnamigen Track „True Brew" erreicht, welcher mich noch Tage nach dem ersten Hören verfolgt. Von da an geht es dann wieder bergab, ohne jedoch allzu groß an Qualität zu verlieren, bis man mit dem Track „Believe In John" beim letzten und eben auch gesichtslosesten angelangt ist.
Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass „True Brew" versucht, zeitgleich auf zwei Brettern zu stehen: Zum einen bieten die 13 Songs melodiösen Punkrock der 90er, zum anderen den von Hooklines bestimmten Sound der 2000er Alben – was dafür sorgt, dass dieses Gebräu so klingt, wie keines davor.
Man merkt einfach, dass dieses Album einen "Haustrunk" darstellt, wurde es doch von Sänger/Bassist Sarcevic und Gitarrist Färm in den eigenen vier Studiowänden produziert und auch das Artwork stammt aus der Feder von Gitarrist Ohlsson. So stand wohl die folgende Songzeile aus dem Song „True Brew" als Motto des Albums:
"I don't wanna live my life doing stuff I don't like to do
I just wanna spend my time on creating something true"
Und genau das haben MILLENCOLIN auch getan, denn dieses Album wirkt nicht aufgesetzt oder reingepresst ... es ist einfach ehrlich und macht Spaß!