Stil (Spielzeit): Punk / Alternative (46:37)
Label/Vertrieb (VÖ): Drive-Thru / Rough Trade (VÖ: 26.9.05)
Bewertung: Von 0 auf Lieblingsalbum in weniger als einem Durchgang(9/10)
Link: www.Iamtheavalanche.com
Als sich THE MOVIELIFE – dieser gute, aber nie überragende Melodycore/PopPunk-Fünfer aus New Jersesy – 2003 auflösten, wurde Sänger Vinnie Caruana innerhalb weniger Tage aus der hohen Umlaufbahn des Szene-Startums auf den Boden der Tatsachen zurück geschleudert und landete dort, wo die meisten jungen Amerikaner landen, wenn sie sich kurzfristig etwas dazu verdienen müssen: auf einer Großbaustelle. Der Musik den Rücken gekehrt, die Füße nach einem harten Arbeitstag auf dem Tisch – so wäre das möglicherweise noch auf lange Zeit weitergegangen... tja, wenn nicht eines schönen Tages Vinnies Dauerfreundin mit ihm Schluss gemacht hätte. Endlich platzte der Knoten, der Verlassene verarbeitete seine verletzten Gefühle in den besten Songs, die THE MOVIELIFE nie geschrieben haben und bannte sie schließlich mit seiner neuen Band I AM THE AVALANCHE auf ein Album, das jedes seiner früheren Werke weit in den Schatten stellt. Liebeskummer macht eben kreativ – ein bitterer Glücksfall für alte wie neue Fans, von denen es sicherlich bald eine ganze Reihe mehr geben dürfte.
Denn das selbstbetitelte Debüt, ein Genre-Bastard zwischen rumpelig-rohem Pop-Punk, schrammeligem Songwriter-Indie und einer feinen Prise Post-Hardcore, ist von vorne bis hinten schlichtweg mitreißend geworden. Keine Ausfälle, jeder Song ein Hit – hier stimmen die abgedroschenen Phrasen tatsächlich mal. Schon der Opener „Dead And Gone“ legt mit Mitschunkel-Strophe, Ohrwurmrefrain und lustigen Hardcore-Chören die Messlatte hoch an, und im weiteren Verlauf wird die Platte nur noch besser. „Murderous“ zum Beispiel, aufgelockert durch eine charmante Reggae-Strophe, ist ein Ohrwurm, wie er im Buche steht. „Wasted“ wartet mit übergroßem Gänsehautrefrain auf, es gibt ein wunderschönes Emo-Epos namens „Clean Up“, und so unverschämt fröhlich wie in „I Took A Beating“ ist die Zeile „I took a baseball bat straight to the knees“ wohl auch noch nie vertont worden. Bei aller Eingängigkeit umschiffen I AM THE AVALANCHE dennoch erfolgreich jedes Klischee. Die Songs bewahren sich ihre Ecken und Kanten, und der Sound – von Grunge-Altmeister Barrett Jones angenehm ungeschliffen in Szene gesetzt – atmet erfrischende Seattle-Luft. Im Mittelpunkt des Ganzen steht allerdings zweifellos Vinnie Caruanas Stimme, dieses heisere, gefährlich brüchige Wahnsinnsorgan, das nach durchzechten Nächten, Whiskey und Zigaretten, aber auch in jeder Sekunde nach Leidenschaft und Herzblut klingt.
„Promise me that our statues will cast a shadow on our city“, bittet Caruana im charmanten „Symphony“ – und eine feste Szenegröße werden, das könnten diese Jungs tatsächlich. Das Zeug dazu haben sie, und mit solch einem starken Album im Rücken wird ihnen in ihrer musikalischen Gewichtsklasse so schnell keiner das Wasser reichen können.