Nicht alles, was leicht abstrakte deutsche Texte stakkato über Punkrock schreit, ist gleich TURBOSTAAT. Aber es ist ja auch nicht alles Holz, was brennt.
Viel mehr passen hier eigentlich Vergleiche zu HEY RUIN oder FREIBURG. Und in den Refrains werden die Gesänge (Gitarrist und Bassist klingen schon ziemlich ähnlich) dann auf einmal einigermaßen melodisch und unglaublich gut. Nicht auf Ohrwurm getrimmt, aber dennoch geschafft. Das einzige, was LYGO (früher mal LEAVE YOUR GUNS OUTSIDE, glaube ich) mit TURBOSTAAT verbindet, ist die Art, die Texte zu schreiben und zu präsentieren (ok, „Da sind Fragen“ verbeugt sich schon ein wenig). Obwohl … eigentlich sind sie ziemlich kratzbürstig. Der ADAM ANGST-Vergleich würde zu weit gehen, da hier keine Rasierklingen auf den Stimmbändern jongliert werden. Aber LYGO sind eben wütend.
Und das findet man auch in der Musik. Denn hier geht es weniger um tanzbaren Indie, als mehr um emotional aufgeladenen Punkrock. Genau. Ein wenig Emo ist in der Sozialisation zu hören. Aber damit meine ich die 90er und nicht 2000er Jahre. Vielleicht so eine Mischung aus PASCOW und HEY RUIN? Aber vermutlich sage ich das auch nur, weil hier in Muttersprache getextet wird. Die sechs Songs stehen jedenfalls für sich und sind auf dem physischen Datenträger in Schwarz auch noch unglaublich schick aufgemacht. Und live sind sie auch noch eine Wucht, wie ich vor kurzem feststellen durfte.
Eine der Stärken von LYGO ist auf jeden Fall der Wechsel zwischen den kratzigen Strophen und den absolut funktionierenden Refrains, während sie einen unglaublichen musikalischen Druck für ein Trio aufbauen. Halt nicht nur einfach Moll- und Dur-Akkorde und die ewig gleichen Harmonien. Bei „Fosca“ wird es mit einem bestimmten Akkord sogar richtig böse, was ihnen auch gut steht und dem Song noch mehr Würze gibt. Das einzige, was an „Misere“ ärgerlich ist, ist die knappe Spielzeit (weil es ja nur eine EP ist). Ich persönlich hätte das gerne auch doppelt so lange gehört. Läuft bei mir grad rauf und runter …