Im Alter wird man mürrisch, LOVE A sind als Band von diesem Prozess nicht ausgenommen. Die Texte sind deshalb bissiger und im positiven Sinne zynisch, einzelne Textzeilen treffen mit Schmackes in den Magen oder direkt ins Herz – je nachdem, was Mechenbier beabsichtigt hat oder je nachdem, was dem Empfänger gerade im vollgestopften Kopf herumschwirrt. Sobald die Sätze ausgesprochen sind, dürfen diese nach Herzenslust interpretiert werden: War das eine Botschaft, ein Leitspruch, Ironie, Sarkasmus, unüberlegt und trotzdem total ins Schwarze getroffen oder am Ende sogar die Lösung deines Problems?
Versöhnliches Meckern mit Tiefgang
Im Gegensatz zu ihren Genrekollegen schaffen LOVE A es immer, scheinbar naiv zu bleiben, wählen klare Worte und basteln vermeintlich einfache Sätze, die bei genauerem Hinsehen und nach mehrfachem Drehen und Wenden tiefgründig und unterschiedlich deutbar sind. Lexikon ist nicht erforderlich. Es geht um Isolation, die übermächtige Gier nach falscher Wertigkeit, das Abstumpfen der Gesellschaft. Am Ende bleibt keine Erkenntnis, aber ein Gefühl, das ernüchternd und gleichzeitig tröstend ist. Chefkritiker Jörkk spricht lediglich an und aus, was viele von uns denken und fühlen. Schonungslos und ohne Hintergedanken auf den möglichen Werbedeal mit einer knackigen Nussmischung, die dein Leben verändert oder einer wohlriechenden Seife in Einhornform, die dich und alle in deinem Dunstkreis für immer glücklich macht. Ganz bestimmt.
Wobei man hochprozentigen Alkohol oder die maßgeschneiderte Selbsthilfegruppe mit der Musik von LOVE A durchaus vermarkten könnte. Dramen will nur leider niemand kaufen und Werbung für das Scheitern wird auch eher selten gemacht. Zumindest kann man LOVE A bescheinigen, dass sich bisher auf keinem Album so viele einprägsame Refrains fanden, wie es auf "Nichts Ist Neu" der Fall ist – jeder Song hat mindestens einen Ankerpunkt. Der „Sonderling“ hüpft beispielweise, ausgestattet mit der charmant-kindlichen Aufdringlichkeit eines Hänschen-Kleins, unbemerkt in die Schaltzentrale. Nur um dort, hinterlistig wie ein trojanisches Pferd, seine doch sehr substanzielle Botschaft abzulegen. Gemein, wenn der Punk im Pop-Pelz kommt.
Am Kühlschrank Urlaubsgrüße vom Sensenmann ...
Musikalisch gibt es wieder gewohnt schwurbelige Gitarrenmassagen von Stefan, gebettet auf einen dichten Bassteppich, ausgelegt von Dominik. Drummer Karl öffnet den Sound, indem er mehr Platz für Wave geschaffen hat. Daraus resultiert solide Tanzbarkeit, die weniger hektisch auffordert und dem Sound das Gewusel der Anfangstage ausbügelt. LOVE A scheinen weiterhin keine Angst vor Pop zu haben. Und das ist auch gut so. Die Konvergenzen, die sich aus dem stetigen Krakeelen von Mechenbier und dem zugänglichen und instrumental absolut radiotauglichen Sound auf bizarre Art und Weise ergeben, sind letztendlich das Alleinstellungsmerkmal von LOVE A. Wir wären eben doch alle gerne wie die anderen ("Nichts Ist Leicht"). Aber den Spinnern vor die Tür kacken, 'ne Bild-Zeitung drauf werfen, anzünden und Sturm klingen ... joa, sowas muss halt auch immer wieder mal sein.
"Nichts Ist Neu" von LOVE A macht alle glücklicher, die gerade unglücklich sind. Nachfolgendes Wieder-unglücklich-sein nicht ausgeschlossen, denn genau so funktioniert das doofe Spiel. Lebt damit.
Tracklist:
01. Nichts Ist Leicht
02. Nachbarn II
03. War klar
04. Die Anderen
05. Unkraut
06. Treeps
07. Sonderling
08. Löwenzahn
09. Kanten
10. Monaco
11. Weder Noch
12. Verlieren