Und wenn dann der Opener mit Klavier, passenden Crewvocals, Dancepunk-Beats und gemäßigter Stadionatmosphäre losgeht, fühle ich mich direkt bestätigt. Auch die „Wohohohos“ im folgenden „Früher oder Später“ passen gut dahin. Hier hören wir nämlich eigentlich eingängigen Poppunk mit Aussagen zwischen Politik und „Ladendiebstahl ist cool, wenn es nur eine Kleinigkeit ist“ – diese Sichtweise wird ja auch gerne in Punkrockvideos gezeigt und hat mich schon immer etwas befremdet. Na, und "Schwarzfahren gegen das System" ist schon leicht peinlich.
RADIO HAVANNA liegen musikalisch irgendwo zwischen den ROGERS, ITCHY, KMPFSPRT und ZSK und haben durch die Stimme schon einen großen Wiedererkennungswert. Zum Glück geben sie sich in den Texten sehr politisch – wenn jetzt vielleicht nicht unbedingt auf einem Niveau wie PROPAGANDHI oder mit einem Biss wie alte SLIME. Aber für Teenager, die grad den Punk entdecken und musikalisch und lyrisch noch Vieles vor sich haben, für die ist „Utopia“ eigentlich ziemlich passend.
Und genau das ist mein Problem: Die Midtemposongs, die tanzbaren Drumbeats, die einfachen Strukturen, der gefällige Gitarrensound, die Chöre ... ich kann die Band schon auf Festivals vor mir sehen, wie sie ein Händemeer dirigiert. Es wirkt halt alles so schön rund und durchdacht und irgendwie … ja … nett. Die Songs sind ja auch nicht schlecht. Nur eben sehr durchschnittlich. Schade, dass ihr Anspruch, den sie textlich an sich stellen, sich nicht mit ihrer Qualität deckt. Ok, vielleicht auch einfach schade, dass ich die 20 bereits überschritten habe.