Kontrolle - Egal

Kontrolle - Egal

KONTROLLE aus Solingen liefern mit ihrem ersten Album "Egal" Düster-Punk mit Augenzwinkern ab. Ihre ganz eigene Vorgehensweise sorgt dafür, dass sie aktuell einzigartig klingen. Alle Songs auf „Egal" haben einen doppelten Boden, können albern aber auch tiefgründig interpretiert werden. Genau diese Unberechenbarkeit macht KONTROLLE bemerkenswert, ebenso wie die tanzbare schlechte Laune. KONTROLLE komponieren vollkommen scheuklappenfrei, Zitate von SILKE BISCHOFF finden genauso ihren Platz wie die von THE BEATLES.

Kannst Du mir die Säge reichen?

Kryptische Texte sind im deutschsprachigen Punkbereich immer mal wieder Thema. Zwischen „Wie platt hätten Sie es denn gerne?" und „Das ist mir jetzt aber doch zu codiert, was ist jetzt damit gemeint?" gibt es viele Meinungen. Sänger Daniel von KONTROLLE macht sein eigenes Ding, springt weder auf den einen noch den anderen Zug auf und erweist sich als messerscharfer Beobachter. Wer sich nach dem Genuss von „Egal" mal wieder im Baumarkt oder in der Bahn rumtreibt, wird sofort an KONTROLLE denken und sich bestätigt wissen.

Endlich mal eine deutschsprachige Punkband, bei der man nicht auf die üblichen Verdächtigen (setzen Sie hier die drei Bands ein, die in diesem Zusammenhang immer als Referenz genannt werden) verweisen muss. Endlich eine Band, die wirklich ihr eigenes Ding macht. Wer hätte gedacht, dass drei Typen aus Solingen den Goth-Wave für Punker wieder salonfähig machen und ihm die komplette Peinlichkeit aussaugen?

Alleine für den genial knurrenden Bass und die düsterdunklen Synthies lohnt sich das Album. Ok, während KONTROLLE dem angestaubten Sound huldigen, scheißen sie ihm auch irgendwie auf’s Dach, aber das muss auch so sein. Bei "360 Grad" oder "Wirres Licht" geben sich Ironie und Ernsthaftigkeit so schnell wechselseitig die Klinke in die Hand, dass man als Hörer gar nicht mehr genau weiß, woran man ist. Das hält die Aufmerksamkeit hoch und „Egal" lebendig. Bei vielen Textzeilen bleibt dem Hörer das Lachen sowieso bitter im Hals stecken ("Sitzen in der Bahn"), denn vieles ist bei längerer Überlegung weniger witzig, als es klingt.

Kein Schwarz, kein Weiß

Bei den meisten Themen verstehen KONTROLLE allerdings keinen Spaß. "Ich volk mich um" macht unmissverständlich klar, wo die Rechtstümelei im Alltag schon anfängt, was KONTROLLE davon halten (Überraschung: gar nichts!) und welche Konsequenzen sie daraus ziehen. Einfach herrlich, wie Daniel „Was soll das?" geifert und mit „Geht nicht." einen energischen Punkt setzt und den Sack zumacht, während die komplette Band zum eskalierenden Ende marschiert. Man nimmt ihm die Kompromisslosigkeit komplett ab, hier klingt gar nichts konstruiert.

Die Drei erfinden die Themen absolut nicht neu, haben aber einen interessanten Kanal für ihre Botschaften gefunden, wobei hier gezetert und ganz sicher gemaßregelt wird – kein Zeigefinger bei KONTROLLE, dafür erhöhte Ohrwurmgefahr und Gefährdung der Dummheit. Für mich sind KONTROLLE eine der spannendsten Bands dieses Jahres.