Mute - The Raven

mute

Stil (Spielzeit): Punkrock (40:20)
Label/Vertrieb (VÖ): Fond Of Life Records / New Music Distribution (29.06.09)
Bewertung: 5 / 10

Link: http://www.myspace.com/mutepunkrock
Irreführendes Artwork… Hält man den neuesten Output der kanadischen Skate-Punkrocker von MUTE in den Händen, ist man als Laie schnell verleitet, den vier Frohnaturen eine Stilrichtung zu unterstellen, welche der tatsächlichen vermutlich nur annähernd entspricht. Denn was erwartet man von einer Scheibe, deren Cover von einem schwarzgekleideten und maskierten Mann in einer nächtlichen, trostlosen Landschaft geziert wird? Melancholischen Rock vielleicht. Oder auch modernen Thrashmetal. Was man jedoch mit Sicherheit nicht erwarten wird, ist die volle Breitseite ausgelassener Fröhlichkeit und Dumdidum-Attitüde. Doch genau das ist es, was uns auf „The Raven“ vorgesetzt wird. Derartige Scheiben werden in der Regel mit lachenden Retro-Fratzen, sommerlichen Momentaufnahmen oder comicartigen Zeichnungen angepriesen.

Denn MUTE praktizieren amerikanisch beeinflussten Skatepunk, wie er typischer kaum sein kann. Kurze, weite Hosen, Basecaps, Skateboards, bunte Tattoos, Joints und Shirts mit Logos bekannter Skate-Marken. Das ist das Bild, welches unweigerlich vor dem geistigen Auge auftaucht, wenn man sich die zwölf musikalischen Ergüsse auf dem mittlerweile dritten Album der Frankokanadier zu Gemüte führt. Schnell, melodisch und gut gelaunt. Man könnte direkt annehmen, die Jungs kämen aus Kalifornien.

Was MUTE jedoch maßgeblich von Bands wie LAGWAGON, NO USE FOR A NAME oder NOFX unterscheidet, das ist das technische Niveau. Sind auch die typischen Ansätze bezüglich des Songwritings definitiv vorhanden, so spicken die vier Stummen ihre Songs doch immer wieder mal mit innovativen strukturellen oder stilistischen Überraschungen. Denn MUTE können mehr als 08/15-Skatepunk. Und das wird selbstverständlich auch gerne gezeigt. So lassen Frontmann Marc-Antoine Bastien und Judas Lacroix an der zweiten Gitarre mit Vorliebe ihre flinken Finger über die Griffbretter rutschen, um damit richtig Metal-taugliche Soli zu erschaffen, was für die handelsübliche Skatepunk-Gruppierung ja nicht unbedingt bezeichnend ist.

Also ich zumindest habe ziemlich gestaunt, als mir das erste Mal eines der besagten Soli aus der Anlage entgegenquietschte. Merkwürdig, dass MUTE auch nach zehn Jahren Bandgeschichte noch keinen höheren Bekanntheitsgrad in der Szene genießen, bei der spieltechnischen Leistung, die die Jungs erbringen. Aber vielleicht ist auch genau das der Grund. Möglicherweise ist der Durchschnitts-Ami-Punk einfach überfordert, wenn eine Band über altbewährte LAGWAGON’sche Eintönigkeit hinausgeht und es wagt, ein wenig Anspruch in die Songstrukturen einfließen zu lassen. Man weiß es nicht... Verdient hätten es die Jungs mit Sicherheit.

Denn an sich machen MUTE ja nicht viel Anderes als englischsprachigen Skatepunk, welchen man sich ideal auf Samplern zusammen mit PENNYWISE und all den anderen oder auch als Vorband von NO FUN AT ALL vorstellen könnte. Die Gitarren sind stets bemüht, melodisch zu klingen, auch wenn das, wie bei den meisten vergleichbaren Gruppierungen, natürlich nicht über die volle Albumlänge funktioniert. Manchmal geht der Plan auf und die Melodien bleiben im Ohr hängen. So entwickelt sich der herausstechend poppige Track „Curtain call“ recht schnell zum fast schon nervigen Ohrwurm. Doch überwiegend bleibt es beim netten Versuch.

Denn auch bei MUTE kennt die Innovation Grenzen. So bleibt die Geschwindigkeit, welche Étienne Dionne mit seinen Sticks erzeugt, meist auf gewohnt schnellem Niveau. Also stets gerade noch tanzbar und nur selten wirklich groovig. Auch die Mikros, welche neben Frontmann und Drummer auch von Basser J-Philippe Lamonde angeschrien werden, erfahren auf „The Raven“ nur wenig Variatenreichtum. Mit der Zeit fängt die Hauptstimme regelrecht an zu nerven, wobei mir das bei den meisten Skatepunk-Bands so geht. Das ändert jedoch nichts daran, dass ich auch bei MUTE folgendes Fazit ziehen muss: Ganz nett, aber trotz des hohen Niveaus einfach langweilig auf die Dauer. Tut mir leid...