Geschrieben von Oliver Montag, 12 April 2010 20:13
Babylon Mystery Orchestra - The Godless, The Godforsaken And The God Damned
Stil/Spielzeit: "Gothic"/"Metal" (59:57 Min.)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenvertrieb (bereits veröffentlicht)
Bewertung: 2/10
Link: www.babylonmysteryorchestra.com
Ich weiß nicht, was ich bei Sidney Allen Johnson, der sich alleine hinter dem BABYLON MYSTERY ORCHESTRA verbirgt, mehr bewundern soll – seinen extrem ausgeprägten Glauben oder sein völliges Ausblenden von miesen und schlechtesten Reviews zu den bisherigen vier Alben und der Tatsache, dass er trotz zweier derber Verrisse auf diesen Seiten wieder einen freundlichen Brief samt CD an das Magazin Eures Vertrauens geschickt hat.
Die letzten beiden Alben kamen mit 0 und 2 Punkten weg, wenn man in einen der 12 Tracks auf dieser Scheibe reingelauscht hat, weiß man, warum. Die Kollegin Kira hatte sich noch extrem stark am (militant) christlichen und Islam-gegnerischen Vokabular gestört und eine glatte Null gezückt, Marten hatte es etwas neutraler gesehen und für die „Gesamtleistung" eine solide Zwei herausgekramt. Auch wenn's unspannend klingen mag, ich liege zwischen diesen Polen. Mir sind fundamentale Christen, die gegen andere Religionen und ein liberales Weltbild hetzen, genauso unangenehm wie andere Subjekte oder politische Irrläufer; eine gewisse Großzügigkeit muss in unserem Genre aber der lyrischen Seite zugestanden werden, so lange keine Straftatbestände erfüllt werden. Insofern interpretiere ich die Auswürfe von Herrn Johnson als dessen verquere (christlich gemeinte) Weltsicht und lasse sie unkommentiert, denn das Gehetze spricht für sich selbst.
Wenn ich meinen Fokus auf die „Musik" und den „Gesang" (einfache Anführungszeichen reichen dafür nicht mehr aus) lege, wird's apokalyptisch düster. Hätte die Inquisition vor einigen hundert Jahren dieses unrhythmische und holprige Gerumpel und Gemurmel (gesungene Vocals sind zu keiner Sekunde erkennbar) gekannt und eingesetzt – sie hätte auf jegliche Folter verzichten können. Eine Stunde dieses Albums (also einen Durchlauf) ersetzt einen halben Tag Daumenschrauben oder einen Abend lang inniges Schmusen mit einer Eisernen Jungfrau (allerdings von innen...). Leute, wer JEMALS noch behauptet, dass John Mikkel Thor ein schlechter Sänger mit miesem Background ist (ich fand die damaligen Scheiben nicht sooo schlecht und den 2009er Auftritt auf dem Sweden Rock ganz amüsant), oder wer künftig meint, dass Angelo Sasso nichts auf das Drumfell kriegt, bekommt von mir einen Abend lang nur dieses Album eingetrichtert.
Langsame Gitarren-Grundschulriffs mit stümpernden Drum-Computer-„Arrangements", schiefe Soli und leiernde Rezitationen von fluffigen Texten sollen nach Ansicht des Meisters einen Mix aus Gothic und Metal darstellen. Klar, so stellt sich Sepp Ratzinger die akustische Hölle vor.
Schade, dass einem der Chef aus Alabama den Verriss so leicht macht. Wenn er wenigstens musikalisch was drauf hätte, dann könnte man kontrovers diskutieren. Aber SO? Dagegen sind die ersten Gehversuche von VENOM und HELLHAMMER progressiv anmutendes Gedöns. Mist.
Auf der anderen Seite – wer die Abgründe der Metal-Hölle kennen und mitreden will, muss das BABYLON MYSTERY ORCHESTRA kennen.
Für den Durchhaltewillen bzw. die konsequente Verweigerung von musikalischen Leistungen (bei der fünften CD!) gibt es einen Ehrenpunkt. Was waren das noch für Zeiten, als christliche Bands nur mit Bibeln um sich geworfen haben...