Stil (Spielzeit): Metal’n’Roll (54:46)
Label/Vertrieb (VÖ): XIII Bis Records / Soulfood (26.04.10)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/headcharger
Nicht alles, was aus Frankreich kommt, ist schlecht... Das beweist neben vorbildlichem Gesundheitssystem, etlichen wohlschmeckenden Fressalien und exzellenten Alkoholika von meist roter Farbe auch so manche Formation auf musikalischer Ebene. Wer also behauptet, nach Frankreich nur auf Ketten fahren zu wollen, sollte sich vielleicht erst einmal intensiver mit Bands wie DAGOBA, GRONIBARD oder PENUMBRA beschäftigen, sofern man denn mit harter Mucke etwas anfangen kann. Denn ist auch die Anzahl französischer Metalbands verhältnismäßig gering, so wird doch fast ausnahmslos absolute Spitzenqualität auf dem entsprechenden Gebiet abgeliefert. Das ist meiner Meinung nach auch auf die Rap-Ecke übertragbar. Doch liegt das in dem Fall hauptsächlich an der einzigartigen Landessprache. Dass es jedoch auch mit der von den Franzosen sonst so verachteten Konkurrenzsprache Englisch ordentlich abgehen kann, beweisen dann Bands wie HEADCHARGER. Denn auch diese fünf Mannen aus der Normandie haben sich das Merkmal ihres Landes auf die Fahnen geschrieben: Auffälligkeit.
Und darum geht es doch. Wenn man denn schon auf Englisch singt, brüllt und schreit, sollte doch zumindest ein gewisses Herausstechen aus der Masse gewährleistet sein, um der Welt zu beweisen, dass man aus dem Land des weißen Brotes kommt. Also wird auf dem dritten Album des Quintetts auch nicht bloß Metal-lastiger Rock’n’Roll geboten, sondern so einiges mehr. Wie eine Mischung aus ENTOMBED, PANTERA, BLACK LABEL SOCIETY, KYUSS und LYNYRD SKYNYRD kommt der eigensinnige Stilmix aus den Boxen, um Dir mit spitzen Cowboy-Stiefeln in den Arsch zu treten. Was unverkennbar über allem steht, ist, wie man schon anhand der von mir angeführten Vergleichbands erahnen kann, auf alle Fälle die stets präsente Rock’n’Roll-Attitüde. Rotzig, cool, PS-lastig und ölverschmiert. Das Bild, welches sich unweigerlich beim Konsum dieser Scheibe vor dem inneren Auge materialisiert, passt auf den ersten Blick mal so gar nicht zu Frankreich. Das blaue Kreuz der Südstaaten-Flagge scheint die verschiedenen Einflüsse zusammenzuhalten und fast verwundert es, dass sich auf der Platte vierzehn Tracks befinden, so dass ein Song ohne weißen Stern bleibt. Den roten Hintergrund aber haben die Jungs durch die überwiegend aggressive Stimmung wieder wunderbar verdeutlicht.
Und ist die musikalisch manifestierte Gemütslage mal nicht offensiv bis aggressiv, geht das Quintett in eine derartig lässige Haltung über, dass wohl auch der militanteste Nichtraucher verleitet ist, sich eine zum Drittel gerauchte und leicht geknickte Kippe in den Mundwinkel zu stecken. Allerdings droht diese Lässigkeit auch streckenweise in Langeweile abzurutschen. Das in der Mitte der Scheibe angesiedelte „Harvey Keitel’s Syndrom“ mit seiner gechillten Akustikgitarren-Begleitung beispielsweise hat es auch nach mehrfachem Durchlauf einfach nicht geschafft, in meinem Ohr hängenzubleiben. So geht es leider einigen Stücken. Auch wenn sie, objektiv betrachtet, wirklich gut arrangiert und hochwertig eingespielt wurden, fehlt doch manchmal einfach das gewisse Etwas. Doch will ich da auch nicht zu voreilig urteilen. Manche Stücke brauchen halt ihre Zeit, bis man die Perle in der Muschel entdeckt. Und das Gesamtbild, welches ich mir beim ersten Durchlauf von „The End Starts Here“ machte, war doch durchaus positiv.
Denn Killertracks wie der Opener „Intoxicated“ oder das brutale „Breathe Out“ lassen es mir schwerfallen, mich nicht dazu zu bewegen. Diese Mischung aus Stoner Rock, Classic Rock, Rotzrock, Death, Thrash, Hardcore, Blues und der Endung „’n’Roll“ hat es auf jeden Fall in sich. Und damit meine ich primär Potential. Muss am Wiedererkennungswert vielleicht noch ein wenig gefeilt werden, so kann man doch schon klar erkennen, auf welchem Weg sich HEADCHARGER befinden. Und dieser Weg führt in einem Mustang über staubige Highways direkt in unsere Gehörgänge. Ich bin mir sicher, dass die gutgemeinten sieben Punkte auf dem nächsten Album der fünf Kopflader noch ausgebaut werden können. Dann wird es heißen: Nach Frankreich fahr ich nur mit der neuen HEADCHARGER im Player...