Link: Guano Apes
Zuerst entdeckte ich die Meldung über eine Fernsehwerbung: Die GUANO APES sind wieder da. Und sie haben ein neues Album im Gepäck. Acht Jahre nach ihrem letzten Werk und gut fünf Jahre nach ihrer Auflösung haben sich die Göttinger wieder zusammengefunden und wollen noch einmal so richtig rocken. Denn laut Werbebotschaft haben sie da so richtig Bock drauf. Die neue Platte trägt den Titel „Bel Air“ und beinhaltet insgesamt zwölf Songs.
Es ist erst das vierte Studioalbum der GUANO APES, die sich im Gegensatz zu vielen anderen Bands auch wieder in ihrer Originalbesetzung zusammengefunden haben. Von Beginn an werden zwei Dinge auf „Bel Air“ sofort klar. GUANO APES 2011 klingen irgendwie anders als früher und das Album braucht Zeit. Mit Ausnahme des Überhits „Oh What A Night“ wollen nicht so viele Songs beim ersten Hördurchgang hängenbleiben und auch danach ändert sich das nur bedingt. Also ist zu empfehlen, sich „Bel Air“ mehrere Male zu Gemüte zu führen. Erst dann entfalten sich so langsam die anderen Songs, Melodien und Harmonien werden entdeckt, wo vorher keine zu sein schienen, und ein paar mehr Songs wissen plötzlich zu gefallen.
Aber gehen wir immer schön der Reihe nach. Der Opener „Sunday Lover“ zeigt die neuen GUANO APES gleich von der am besten zu beschreibenden Seite. Das Lied hat Druck, geht ins Ohr, harte Gitarren stehen im Vordergrund. Der Song wird von einem Syntheszizer bestimmt, der ordentlich New Wave Feeling aufkommen lässt. Besagtes Feeling zieht sich dann auch wie ein roter Faden durch das gesamte Album.
Mit „Oh What A Night“ folgt der Partykracher schlechthin. Dieses Lied ist von nun an sicher auf unzähligen Dancefloors zu Hause. Aber schon beim zweiten Track wird mehr als deutlich, dass sich die GUANO APES von ihrem Crossover Sound endgültig verabschiedet haben. Dafür bieten die Göttinger heutzutage schnellen, teilweise harten Rock mit der schon angesprochen New Wave Tendenz. Dennoch ist „Oh What A Night“ sicher das absolute Highlight des neuen Werks.
„When The Ships Arrive“ schlägt deutlich ruhigerere Töne an, entwickelt sich aber mit jedem Hördurchgang weiter und ist aufgrund seiner Melodie und seiner Breaks ein echter Gewinn für „Bel Air“. Auch „This Time“ und „Fire In You Eyes“ schlagen in eine ähnliche Kerbe, haben aber nicht ganz den positiven Drive wie „When The Ships Arrive“ und fallen im direkten Vergleich zurück. Dennoch sind es solide Rocksongs geworden.
„She´s A Killer“ hat dagegen schon einen leichten Industrial und Noise Touch und gibt ordentlich Gas. Allerdings ist dieser Song auch einer der gewöhnungsbedürftigsten der ganzen Scheibe und will einfach weder auf dieses Album noch zu den GUANO APES passen. Wie schon bei den Songs zuvor variert Sängerin Sandra Nasic immer wieder mit ihrer Stimme und erzeugt so eine Menge Abwechslung. Auch „Tiger“ geht in dieselbe Richtung, hat aber mehr Noise in sich und fällt ebenfalls deutlich ab. Auch „All I wanna Do“ mit seinem technoartigen Anfang ist hier als richtiger Fehlgriff zu nennen.
„Fanman“ dagegen ist wieder ein echter Hit. Der Songs geht ins Ohr, ist relativ hart ausgefallen und entwickelt guten Druck von Beginn an. Dann ist da „Trust“, welcher am ehsten noch an alte Crossover Zeiten erinnert, aber im neuen Soundkontex auch wieder seine Zeit braucht, bis sich es sich entwickelt. Bleiben noch die beiden Bonustracks „Fire“ und „Carol and Shine“. Dabei ist „Fire“ durchaus gelungen, geht gut ins Ohr und kann wie schon einige Songs zuvor durch seine Rockattitüde und ordentlich Drive punkten. „Carol and Shine“ ist ganz ähnlihch ausgefallen und bildet einen soliden Schlusspunkt.
Fazit: Die GUANO APES sind wieder da und legen mit „Bel Air“ ein Album vor, das ihnen sicher nicht viele zugetraut hätten. Dennoch hat das Werk seine Schwächen. Dazu zählen sicherlich die starke New Wave Ausrichtung der Songs, sowie die geringe Hitdichte und der hier und da auftauchende technoartige Einschlag. Zwar sind mit „Oh What A Night“, „When The Ships Arrive“ und “Fanman“ sowie dem Opener „Sunday Lover“ einige Songs wirklich mehr als gelungen, doch der Rest kann da nicht mehr mithalten. „Bel Air“ ist okay, aber auch nicht mehr. Im Großen und Ganzen ist das, was die GUANO APES 2011 liefern, eher dünn und mager und kann stellenweise als Alltags-Rockkost abgetan werden. Mit viel Wohlwollen und aufgrund eines überragenden Hits gibt’s diesmal noch eine etwas bessere Note.
Stil (Spielzeit): Rock (46:51)
Label/Vertrieb (VÖ): Columbia / Sony Music (01.04.2011)
Bewertung: 6 / 10