Paul Stanley - Live To Win


Review


Stil (Spielzeit): Rock/HardRock (33:55)
Label/Vertrieb (VÖ): Universal (20.10.06)
Bewertung: 6,5/10
Link: http://www.paulstanley.com
http://www.kissonline.com

Das Internet mit seinen zahlreichen Kissforen brodelte seit Monaten. Wann kommt die langersehnte Solo-Scheibe von PAUL STANLEY? Der KISS-Mitbegründer und Schöngeist Stanley ließ sich Zeit. Und jetzt liegt „Live To Win“ vor einem. Dazu ein ellenlanger Pressetext in welchem auf den inhaltlichen Kontext der Songs und deren Bedeutung eingegangen wird. So sagt Paule über die musikalische Bedeutung seines Silberlings:“Es ging bei diesem Album also in erster Linie darum, sämtliche Erwartungen anderer – darüber, was ich wohl machen würde, könnte oder nicht machen sollte – über den Haufen zu werfen.“ Beim besten Willen kann ich keinen anderen Haufen als sonst auch erkennen. Das ist auch schwer angesichts einer derart einprägsamen Stimme wie der von Stanley. Alles klingt modern und frisch, aber doch arg Desmond Child-lastig. Der hat natürlich auch dran rumgefummelt, und Stanley hat sich noch andere Mitstreiter wie Corky James (u.a. Avril Lavigne) oder Harry Sommerdahl (u.a. Lindsay Lohan), aber auch den Ex-KISS-Angestellten Bruce Kulick mit ins Boot geholt.

Kommen wir also zu den Songs. Der Titelsong „Live To Win“ beginnt rockig und stark keyboardlastig. Die leicht verzerrte Stimme von Stanley lässt aber keinen Zweifel daran, was er mit dem Song aussagen will. Sich nicht von seinem Weg abbringen lassen, immer nach vorne gucken, jawoll Sir! Singt sich auch leicht, wenn man soviel Kohle hat. Nichtsdestotrotz ein nach vorne kickender Song, der durch das Keyboard nur ganz wenig verwässert wird.
„Wake Up Screaming“ beginnt sehr interessant, Stanley´s hier schöne Stimme fügt sich sehr angenehm in den Kontext. Leicht traurig und trotzig tritt „Wake Up“ auf´s Gaspedal, schöner Refrain mit abwechslungsreichen Zwischenspielen. Hat was, definitiv.
Mit „Lift“ klingt es zu Beginn irgendwie familär, ich überlege immer noch, an welchen bekannten Song das erinnert. Durch das Keyboard hat es was Proggiges, was mich irgendwie entfernt an die mittelalten QUEENSRYCHE erinnert (das hätte ich ja nun auch nicht gedacht, dass ich den Paule mal zusammen mit den Seattlern in Verbindung bringen kann, man staune). Recht netter Song, der aber im Mittelteil irgendwie verhungert. Dann gewinnt es aber doch wieder etwas an Fahrt, wird bei mehrmaligen Anhören aber nicht besser. Durchschnittlich.
Bei Song Nummer vier „Everytime I See You Around“ zuckt es dann doch plötzlich, und man ist wieder sechzehn. Hach, er kann es ja doch noch. Eine Ballade wie man es von Paule hören möchten. Schöner Chor, eindrucksvolle Melodie. Ist auch nichts Neues, aber das ist doch etwas von der alten Magie seiner früheren Songs. Mit einem leichten Schniefen sitzt man da und denkt sich, wie schön es früher war. Nunja, weiter im Text mit „Bulletproof“, was wieder recht rockig um die Ecke flitzt. Ok, der Text geht mal gar nicht, das „uuuhyeah“ lässt einen erschaudern (ja, muss es denn sein), aber ansonsten ist es ok. Bleibt aber nicht wirklich hängen, dazu ist es zu glatt gestrickt.
„All About You“ rockt ebenfalls lecker los, aber allmählich klingt alles gleich. Hier haut der Refrain einiges raus, bis Paulchen tatsächlich mit „Doodooodooo“ anfängt. Kerl, nein, bitte nicht „Doodoo“ machen, das macht man nicht mehr... Man sitzt schon wieder da und schnieft, diesmal aber aus einem anderen Grund. Das Gitarrensolo ist ganz nett, aber haut einen nicht wirklich vom Hocker. Und es endet mit „Doodoodoo“. Uhuhuhu.
"Second To None“ schleicht dann heran und es wird wieder balladesk. Kann er, zweifellos. Mit Liebesliedern der oberen Kajüte konnte er schon immer umgehen und das ziemlich klasse. Sehr schöne Instrumentalisierung.
„It´s Not me“ ist dann wieder ein eher ein Schritt nach hinten. Das klingt irgendwie nicht so ganz durchdacht. Da Mr. Stanley aber ein Perfektionist ist, soll das wohl so sein. Man grübelt was da fehlt, weil die Struktur an sich gut ist. Aber es ist so seicht und das Schlagzeug könnte viel härter sein und die Gitarren auch. Nein, das haut nicht um sich. Müsste es aber bei dem Text, der sich um das eigene Bewusstsein dreht. 
Und noch ´ne Ballade: „Loving You Without You“, der /die Geliebte weilt in der Ferne und er schmachtet alleine vor sich hin. Wie dramatisch, aber schon wieder hört man den Desmond Child heraus. Das ist dann doch wieder zu viel des Guten. Der Player schluchzt gradezu.
Und plötzlich ist man schon beim letzten Song. „Where Angels Dare“ strotzt vor Keyboards, klingt recht modern und sogar teilweise radiotauglich. Schöne Steigerungen bis zum Refrain, der Text ist mutmachend (oder soll es wohl sein), aber man nimmt es dem Multimillionär einfach nicht mehr ab, wie hart sein Leben ist und gegen wieviele Untiefen er zu kämpfen hat. Musikalisch auch hier eher Durchschnitt.

Ein kurzes Werk, was er da nach so langer Wartezeit abgeliefert hat. Eine knappe halbe Stunde Paul Stanley finde ich eher dürftig. „Live To Win“ kann man mal hören, aber ich befürchte, dass es dann auch schnell im Schrank verschwindet. Bis auf das wirklich schöne „Everytime I See You Around“ klingt alles doch eher gleich. Wenn man eine Platte dreissig mal hören muß, um sie ansatzweise gut zu finden, dann ist sie nicht wirklich gut. Mir fehlt der insgeheim erwartete Kick, der Thrill, dieses Zittern, was man früher hatte, wenn es was Neues von KISS oder einem Ex-Kisser gab. Veschwunden. Nada. Man selber hat sich weiterentwickelt, die ehemals so geliebte Band bzw. Mitglieder derselbigen aber nicht. Noch ein Schniefer.

Kat