Stil (Spielzeit): (Die Plattenfirma meint:) Dark Emotional Music
(Ich meine:) Poprock (46:14)
Label/Vertrieb (VÖ): My Kingdom Music (21.09.07)
Bewertung: 6 / 10
Link: www.thesunofweakness.com
THE SUN OF WEAKNESS sind Italiener. Dafür können sie ja nix. Und das es bislang keine italienische Truppe bei mir wesentlich andere Gefühle zu wecken vermochte als peinliche Berührtheit … nun ja, auch dafür kann diese Truppe nix.
Das Promo-Blatt versucht --das Rock-Hard gleich zweimal zitierend-- Nähe zu Größen wie bspw. TOOL, KATATONIA, ANATHEMA zu suggerieren. Und A PERFECT CIRCLE; was den Härtegrad angeht, kann ich den letzten Vergleich nachvollziehen. Mehr aber auch nicht. Das Genie TOOLs zu bemühen, ist schlicht anmaßend. Anders als KATATONIA fehlt es T.S.o.W. an allen Ecken und Enden an Ecken und Kanten; und Anathema? Hmm, mir völlig unklar. Auch die durch inflationären Gebrauch ausgelutschten Termini „Melancholie“ oder „Pathos“ weisen eher in die falsche Richtung.
Diese Irreführung passt zu dem Cover, denn wenn man ein Album „Trompe L’Oeil“ benamst, dann könnte auch das Abgebildete getrost ein Trompe-l'œil darstellen. Zu sehen kriegt man stattdessen ein Werk aus dem Kunst-Grundkurs (für das selbst meine halbblinde, stets wohlwollende und sturzbetrunkene Kursleiterin allenfalls 8 Punkte rausgetan hätte) --- mit so überraschenden Bildelementen wie kahlen Bäumen und `nem Schwarm schwarzer Vögel und `nem ins Abgründige starrenden Denker (Gääähn!). Denn man macht ja „Dark Emotional Music“.
Geboten wird hier aber allenfalls angedunkelte Popmusik mit rockig-flockigem Einschlag. Die Liedchen sind so nett wie belanglos. Melancholie? Pathos? Konnt’ ich höchstens in völlig ausgeblichener Gestalt und nur situativ entdecken... (Oder basiert alles bloß auf einem Übersetzungsfehler und man meinte: tape-à-l'œil… Schaumschlägerei?) …Nun denn, meiner Mutter würd’s vielleicht gefallen; zumindest würde sie sich nicht belästigt fühlen. Zwar versucht THE SUN OF WEAKNESS den Anspruch, dunkle, emotionale Musik zu kreieren, durch den Einsatz der handelsüblichen instrumentalen Clichés: getragene Pianopassagen, streicherähnliche Keyboards u. ä. Gedöns… zu untermauern, aber alles wirkt harmlos und gewollt. Wenn das Dargebotene dunkel oder pathetisch sein sollte, dann ist Claydermans „Ballade pour Adeline“ tiefschwarz und nie und nimmer kitschig.
Man könnte also sich auf ein „Thema verfehlt, 6, Setzen!“ beschränken. Aber bei aller Belanglosigkeit und Gewolltheit: Die Stücke sind nie ungeschickt konstruiert oder gar stümperhaft. Man versteht sein Handwerk, wenngleich es eben nicht im Erzeugen so intensiver Gefühle wie echter Melancholie zu sehen ist, sondern in der Schaffung gutmachten Poprocks, der mich am ehesten an eine etwas verspieltere Fassung von FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE erinnert. Was ja nicht unbedingt eine Beleidigung ist. Zudem verfügt man mit Alessandro Cammilletti über einen fähigen Sänger mit recht warmer, dunkler Stimme: ideal eigentlich für 80iger Wave oder eben dark, emotional music, aber die wird hier ja nicht geboten.
Bleibt der selbstkritische Nachtrag, daß ein Trompe-l'œil, ein illusionistisches Gemälde ist, das fotorealistisch etwas vortäuscht, was so nicht ist. Vielleicht ist „Trompe L’Oeil” ironisch gebrochen zu interpretieren: denn auch hier wird ja nur etwas vorgetäuscht: nämlich dark emotional music und ganz anderes verabreicht. Wahrlich ein teuflischer Trick … `ne 6 gibt’s trotzdem, aber sooo schlecht ist die Note hier ja auch wieder nicht.
`Ne Kaufempfehlung gibt’s also höchstens für Poprocker und Rockpopper; Katatonikern dürfte die italienische „Sonne“ auch in dieser Form viel zu grell leuchten.