Als Ritchie Blackmore in den Neunzigern keine Lust mehr auf DEEP PURPLE hatte und wenig später auch die RAINBOW-Reunion beendete, gründete er zusammen mit seiner jetzigen Frau Candice Night das Renaissance-Projekt BLACKMORE'S NIGHT. Inzwischen hat die Mittelalter-Truppe mehrere Alben veröffentlicht, von denen "Secret Voyage" für mich den vorläufigen Höhepunkt darstellt. Wer erst spät Gefallen an BLACKMORE'S NIGHT gefunden hat und die Frühwerke nicht kennt, sollte sich das Boxset "The Beginning" auf den Einkaufszettel schreiben.
"The Beginning" enthält in einer hübschen Samtbox die ersten beiden BLACKMORE'S NIGHT-Alben "Shadow Of The Moon" und "Under A Violet Moon" sowie zwei DVDs mit bislang unveröffentlichtem Material. Widmen wir uns zuerst den CDs: Für Hard Rock-Fans dürfte "Shadow Of The Moon" bei seiner Veröffentlichung 1997 ein Schock gewesen sein. Blackmore, Night und ihre musikalischen Weggefährten setzen fast vollständig auf poppige Renaissance-Stücke mit Folk-Anleihen. Nur in Ausnahmen wie dem Ohrwurm "Writing On The Wall" greift Blackmore noch zur E-Gitarre, ansonsten herrscht pure Mittelalter-Atmosphäre vor, gepaart mit dem extrem melodiösen Gesang von Candice Night. Im Gegensatz zu späteren Alben konzentrierte sich die Truppe auf ihrem Debüt beinahe ausschließlich auf langsame, beschwingte Songs mit Schunkel-Atmosphäre. Der Titeltrack, "Writing On The Wall", "Play Ministrel Play" und der "Mond Tanz" gehören auch heute noch zu den unumstößlichen Klassikern im Liveset von BLACKMORE'S NIGHT. Ein bisschen temporeicher ging es auf dem 1999er Output "Under A Violent Moon" zu. Auch hier beherrschen Blackmores Akustische, Nights eingängige Vocals und Mittelalter-Instrumente das Bild, das hauptsächlich aus Variationen mittelalterlicher Traditionals besteht. Bis auf das treibende "Gone With The Wind" mit wundervollen Soloparts schweigt Ritchies E-Gitarre auch auf dem zweiten Album der Band, das dem aufgeschlossenem Hörer aber wundervolle, ruhige Ohrwürmer wie "Under A Violet Moon", "Past Times With Good Company" und "March The Heroes Home" beschert. Die Alben kommen ohne Bonustracks aus, wurden aber einheitlich neu designt. Im Booklet finden sich neben den Songtexten auch die ursprünglichen Coverartworks und Fotos.
Gänzlich unveröffentlicht war bisher das Material der DVDs. "Shadow Of The Moon – Live In Germany 1997-1998" enthält Material der ersten BLACKMORE'S NIGHT-Tour durch Deutschland. Unterbrochen werden die Liveversionen, unter denen sich neben Songs des Debüts auch Ausblicke auf "Under A Violet Moon" und (teils nur in Auszügen) Coverversionen finden, immer wieder von Interviews mit Blackmore und Night und Footage von Burgen, Festen und anderem, was einen Bezug zum Mittelalter hat. Manche Songs werden intim am Lagerfeuer oder in einem Zimmerchen gespielt, der Großteil allerdings auf der Bühne. Auffällig ist Nights Schüchternheit, die sie später gänzlich ablegen sollte. Das Bild geht völlig in Ordnung, teilweise scheint es so, als seien die Liveaufnahmen fürs Fernsehen mitgeschnitten worden. Der Ton erreicht leider nur besseres Bootleg-Niveau, insbesondere die Vocals stehen zu sehr im Hintergrund. Technisch auf gleichem Niveau ist die DVD "Under A Violet Moon Castle Tour 2000", die – wie der Name schon verrät – vor allem Footage von Auftritten vor Burgen beinhaltet. Die Trackliste ist erwartungsgemäß sehr "Under A Violet Moon"-lastig, Candice Night tritt hier schon deutlich lockerer auf. Auch hier werden die Songs von Einspielungen und Interviews unterbrochen. Das stört zwar den Fluss des Live-Vergnügens, andererseits sind die Interviewsequenzen wie schon auf der ersten DVD sehr interessant. In Anbetracht des Alters und weil die Aufnahmen vermutlich nie für eine Veröffentlichung geplant waren, kann man über die technische Umsetzung nicht allzu sehr meckern. Ein gut eingefangener und abgemischter Ton hätte die Entdeckungsreise hin zu den Anfängen von BLACKMORE'S NIGHT aber noch deutlich aufgewertet.
Wer die Frühwerke noch nicht besitzt, sollte bei dieser toll aufgemachten Box definitiv zugreifen – zumal sie für gerade mal 25 Euro ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis bietet. Ob sich für Hardcore-Fans der Erwerb der beiden DVDs lohnt, müssen diese aber selber wissen. Die letzten Live-DVDs, von denen es ja nicht wenige gab, bieten definitiv einen höheren technischen Standard; allerdings handelt es sich bei den "The Beginning"-Aufnahmen um die ersten, spannenden Schritte der Band, die man so vorher noch nciht zu sehen bekam.
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...