HEAVY RIDE aus Zwiesel tragen stolz wie Oskar den Pokal des Schooljamsieger 2009 vor sich her. Auf der einen Seite bemerkenswert, da sich schon früh eine Leidenschaft für Musik und Wettbewerb abzeichnete, aber auf der anderen Seite ist „Schülerband" doch genau das Niveau, das man gerne ganz schnell verlassen sollte. Wenige Takte von HEAVY RIDE machen klar, dass sie schon Lichtjahre vom Schulhof Rock entfernt sind und sogar so gut rocken, dass man ihnen den Rookiestatus kaum noch abkauft.
Sänger Florian Seemann ist mit einer kernigen Rockröhre ausgestattet und weiß diese geschickt einzusetzen. Gekonnt liefert er rotzigen Rock oder auch mildes, melodiebetontes Midtempo ab ("Heading For Ruin"). Eine Tendenz zum Grunge ist zweifelsohne erkennbar, aber ebenso eine gute Umsetzungen der großen Tugenden einer guten Stadion Rock Band. Dabei schnappt sich die Band von beiden Genres das Beste, verfällt also nicht in weinerliche Depressionen oder verlässt sich auf billige Allerweltsmelodien. Dominierende, prägnante Basslines („Cut & Dried" oder „Along The Line"), dezent eingesetzte Delays und ein gutes Gespür für Songaufbau bestimmen die komplette Platte. HEAVY RIDE wissen, wie man letztendlich auf den Punkt kommt und wie extrem wichtig es ist, manchmal einfach nachvollziehbare Riffs den komplizierten vorzuziehen („No Silver Bullet"). Es braucht wenige Durchläufe, um mit dem „eigentlich" Erstling (aber tatsächlich Zweitwerk!) warm zu werden.
Leicht mitzugröhlende „Oho"-Parts wie in „Old Salt" sind gerne verziehen, können sie doch live vom Publikum schnell aufgenommen und umgesetzt werden. Damit lockert sich schon manche Atmosphäre etwas auf. Einzig die kurze Rock'n'Roll Irrfahrt in „Along The Line" will mir nicht so recht gefallen, wobei ich auch VOLBEAT nicht ungehemmt abfeiern kann. Und auch kleine nichtssagende Hänger wie „Demons And Prayers" haben es auf die Platte geschafft. Es ist auch Tatsache, dass auf „Heavy Ride" leider (noch) kein konkreter Hit zu finden ist, der sich unweigerlich im Ohr festbrennt.
HEAVY RIDE machen nichts wirklich Neues, doch was sie tun, beherrschen sie überraschend gut (und machen demzufolge auch nichts wirklich falsch), setzen also sauber unverkrampft gewisse Grundregeln des Rocks einwandfrei um. Für 13 Pappen kann man die gut gemachte Eigenproduktion HIER kaufen, eine frische Band unterstützen und dafür sorgen, dass Bands wie FOO FIGHTERS oder SILVERCHAIR nicht aussterben und zukünftig eventuell auch mal aus Deutschland stammen.
Das Cover zeigt eine Achterbahn, also ein Symbol für Auf und Ab, ein Symbol für ein konkretes Auf hätte ich passender gefunden. Tolle Band, bei der man sich als Hörer entspannt zurücklehnen kann und weiß, dass sie ihren Weg machen wird. Labels mit Interesse an aufbaufähiger Band mit guten Anlagen sollten aufhorchen und schnell zugreifen.