Für mich übrigens unberechtigt, dann das Album ist stark. Das einschneidenste Ereignis zwischen diesen beiden Alben dürfte der Tod von Keyboarder-Gott John Lord gewesen sein, der am 16. Juli 2012 verstarb und der maßgeblich für den Sound von DP verantwortlich war. Diese Lücke konnte mit Don Airey geschlossen werden, der ja auch kein Leichtgewicht an den Tasten ist und bereits mit BLACK SABBATH und RAINBOW zusammen auf der Bühne und im Studio stand.
Dass die Band „Now What ?!" ihrem verstorbenen Tastenvirtuosen widmen würde, hatte ich fast erwartet, finde die Geste aber trotzdem sehr rührend. Schließlich ist John Lord ja bereits 2002 bei DEEP PURPLE ausgestiegen. Und diesem Anlass angemessen steigen DEEP PURPLE mit „A Simple Song" auch eher ruhig in das Album ein. Der Anfang erinnert mich mit der verträumten Gitarrenpassage ein bisschen an „Temple Of The King".
„Weirdistan" ist dann sehr basslastig, was dem Song einen gewissen funkigen Grundton verleiht. Trotzdem kommen hier bereits die ersten DEEP PURPLE typischen Gitarre / Keyboard Passagen, wobei ich das Keyboard solo ziemlich spacig finde. Da begeistern mich die traditionellen Hammond-Orgel-Passagen mehr. Schon jetzt kann man sagen, dass es sich gelohnt hat, mit Bob Ezrin auf ein Produzentenschwergewicht zu setzen, denn der Sound von „Now What ?!" ist atemberaubend und treibt die Songs unglaublich nach vorne.
Die Band wechselt immer wieder zwischen ruhigeren Titeln wie „All The Time In The World" oder dem bluesigen „Blood From A Stone" und traditionellen Hard Rock Nummern wie „Hell To Pay", „Bodyline" und dem nachdendenklichen „Above And Beyond". Dabei bleiben DEEP PURPLE ihren alten und so geliebten Trademarks treu, sparen also nicht an Hammond Orgel und mördermäßigen Riffs. Gitarrist Steve Morse hat eigentlich schon vor Jahren klar gemacht, dass er mehr als nur ein Ersatz für Richie Blackmore ist. Und was das Küken der Band (59 Jahre) solotechnisch auf „Now What ?!" abliefert, ist verdammt großes Kino. Dazu muss man sich nur mal „Uncommon Man" anhören. Zum Niederknien.
DEEP PURPLE klingen modern und kein bisschen angestaubt, auch wenn sie Songs am Start haben, die auch schon auf „Stormbringer" (1974) oder „Perfect Starnger" (1984) ihren Platz gefunden hätten. Für mich ist diese Tatsache der Reiz an der Band DEEP PURPLE, die es ja jetzt schon seit 1968 gibt, und die vom Grundprinzip all die Jahre ihren Stil beibehalten hat, ohne sich damit selber aufs Abstellgleis zu schieben. Davor ziehe ich meinen Hut. Auch davor, dass die Band zum Ende von „Now What ?!" nochmal richtig nachlegt.
Da, wo andere Bands anfangen zu schwächeln, legen DEEP PURPLE mit „Apres Vous", „All The Time In The World" und dem orchestralen Meisterwerk „Vincent Price" noch mal drei Highlights nach. Sänger Ian Gillan, der eigentlich das komplette Album über eine Meisterleistung abliefert, wächst hier über sich hinaus.
Als Bonustracks machen dann der Rock'n Roller „It'll Be Me" und das flotte „First Sign Of Madness" den Sack zu. Und ich verbeuge mich so tief vor den Altmeistern, dass die Bandscheiben krachen.
Das Live-Album, das zur Gold Edition gehört, beinhaltet einige Klassiker der Band sowie mit „Bodyline", „Vincent Price", „All The Time In The World" und „Above And Beyond" vier Titel des aktuellen Studioalbums. Aufgenommen wurden die zwölf Tracks bei diversen Festivalshows in diesem Sommer und sind absolut amtlich produziert. Das Livefeeling einer DEEP PURPLE Show kommt extrem gut rüber.
Natürlich fehlen hier mit Sicherheit jedem DP Fan eine ganze Latte an Songs, aber um da jedem gerecht zu werden, müsste man vier oder fünf CDs aufnehmen. Daher bin ich persönlich mit der Setlist (siehe weiter unten) sehr zufrieden. Wobei ich auch sagen muss, dass ich auf „Smoke On The Water" eigentlich hätte verzichten können. Aber natürlich kann die Band auf den Übersong nicht verzichten.
Fazit: Wer die reguläre Version von „Now What?!" noch nicht besitzt, sollte sich auf alle Fälle für diese Gold Edition entscheiden, da man hier für's Geld neben einem starken Studioalbum noch ein qualitativ hochwertiges und vor allem vollwertiges Live Album dazu bekommt. Es handelt sich nämlich nicht (wie so oft) um schlecht produzierte Bonustracks, um den Fans den ein oder anderen Cent aus der Tasche zu leiern, sondern um ein megastark produziertes Livealbum, das zwölf Titel beinhaltet.
Ok, es gibt wohl kaum eine Band, von der es so viele Livealben gibt, wie DEEP PURPLE – aber aufgrund der Tatsache, dass hier bereits vier Titel des aktuellen Studioalbums mit in der Setlist sind, macht die Gold Edition für mich mehr als Sinn. DEEP PURPLE zeigen, dass sie auch eine achtjährige Pause und der Tod eines ihrer Musiker nicht aus der Bahn werfen kann und melden sich saustark zurück.
Track List "Live Tapes" CD2:
Strange Kind Of Woman
Hard Loving Man
Vincent Price
Contact Lost
All The Time In The World
No One Came
Bodyline
Perfect Stranger
Above And Beyond
Lazy
Black Night
Smoke On The Water
Geschrieben von Dirk Donnerstag, 28 November 2013 10:01
Deep Purple - Now What?! (Gold Edition / Doppel-CD) Tipp
Acht Jahre hat es gedauert, bis uns die Hard Rock Pioniere (ich habe jetzt extra nicht Dinos geschrieben) DEEP PURPLE mit einem neuen Studioalbum beglücken. Der Vorgänger „Rapture Of The Deep" hat 2005 zudem noch nicht alle Fans glücklich gemacht und musste sich auch die ein oder andere Kritik gefallen lassen.
Dirk
Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues
Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.
Aktueller Dauerrotierer: Herman Frank - The Devil Rides Out