Dass die Briten natürlich weiter in die poppige Richtung drängen würden, war mir eigentlich klar. Allerdings hatte ich nach „There is a hell...“ ihren Weg nicht mehr wirklich verfolgt und bin jetzt dementsprechend überrascht, wie sehr sich die Band verändert hat. Einen Pluspunk für Entwicklung. Aber jede Menge Minuspunkte für die vollkommene Überfrachtung der Songs.
Das Keyboard scheint wichtiger zu sein als die Gitarre und der Gesang könnte auch ein Werbevideo für Autotunes oder andere Programme sein. Als ob man dem Produzenten gesagt hätte: „Hau mal alles raus, was irgendwie machbar ist – scheiß auf "Chinese Democracy"!“. Und rausgekommen ist dabei dann ein Album, das wie das uneheliche Kind von LINKIN PARK und 30 SECONDS TO MARS in der Pubertät klingt. Mich wundert nur, dass Dubstep nicht darauf vertreten ist.
Unter dem ganzen Soundkram liegen manchmal ganz brauchbare Songs ("Drown") und die Stimme vom Sänger ist halt einfach genial. Schade nur, dass immer, wenn er seine Stärke ausspielt (dieses geniale Kratzen), seine Stimme wieder etwas zurückgenommen wird (da sie ansonsten hier klar im Vordergrund steht). Und natürlich auch mit 5.000 Effekten zugekleistert wird. Songs wie „Follow You“ klingen dann sogar, als hätten erfolgreiche Danceproduzenten Remixe von den eigentlichen BRING ME THE HORIZON-Songs angefertigt. Riffs spielen kaum noch eine Rolle, sondern eigentlich nur noch der perfekte Aufbau bis zum nächsten großen Radio-Refrain.
Man merkt es mir vermutlich deutlich an: Ich komme mit diesem Dicke-Hose-Charts-Rock, der nichts mehr mit Metalcore oder Posthardcore zu tun hat, nicht wirklich zurecht. Streckenweise klingen sie so dermaßen überambitioniert, dass es fast wie eine Karikatur von LINKIN PARK klingt. Klar, einige der Versatzstücke sind wunderbar dazu geeignet, die Songs auf ein anderes Niveau zu heben. Aber alles zusammen ist einfach der totale Overkill.
Allerdings vermute ich mal, dass BRING ME THE HORIZON damit noch erfolgreicher werden können, weil der Sound natürlich absolut bombastisch ist, der Sänger seinen Job beherrscht und ich hier sozusagen auf hohem Niveau meckere. Nur für mich persönlich ist das hier viel zu aufgebrezelt, viel zu bombastisch und erschlagend. Und dafür haben die Songs an und für sich zu wenig Substanz.
„But if I sing along a little fucking louder to a heavy song I am alright” – wenn man so was schon singt, warum macht man dann nicht auch Musik, die man heavy nennen kann? Aber gut, vielleicht sind ja einige der Songs von neuen BRING ME THE HORIZON-Album auch heavy – man merkt es ihnen nur leider unter der dicken Produktion gar nicht mehr an. Wie überschminkte Models, deren echtes Gesicht nur noch zu erahnen ist.