Das ist immer so ein Ding mit deutschen Bands, die textlich witzig und musikalisch halbwegs anspruchsvoll sein wollen. Man hat Ambitionen, schreibt aber weder richtig gute Songs, noch kann man sich selbst halbwegs realistisch einordnen. Da kommen dann Irrläufer zustande wie in der Platteninfo zu vorliegendem Album „Fett" (Alfred-Musik) von Herman: „Rammstein meets Red Hot Chili Peppers" bringt es in Kürze auf den Punkt, was einem bei dem Debüt [...] als erstes durch den Kopf schießt." Ich habe mich hingegen zuerst gefragt, warum der erste Songs komplett ohne Ton an mir vorüberzieht, und der Fehler war schnell gefunden: Der Videotrack der Coverversion „Dicke" von Marius Müller ist nicht versteckt, sondern hängt an eben dieser Stelle, schön lesbar auch für CD-Player. Ist schon blöde, wenn die Titelangaben auf dem Cover dann nicht mehr stimmen und ich „Sehnsucht" anstelle von „Domina" höre. Wobei wir mitten im Thema Songs wären. Irgendwo zwischen nett gemeinter „Du siehst zwar beschissen aus, bist aber eigentlich trotzdem ein Gewinner, wenn Du dich anstrengst"-Lebenshilfe und dem „Rock`n Sex Drug"- Ding liegen die Texte. Durchschnitts- oder gut gemeinter Altherrenpunkrock beschreiben die Musik treffender als Peppers oder Rammstein (wer kam auf diese völlig absurde Idee?), und auch die Optik der vier Herren passt eher in den Opel-Club als auf den Rock-Olymp. Das Video zu besagter Coverversion ist zwar sehr nett und trickreich gemacht, hilf dem Album nur leider nicht nach vorne. Der beste Song auf „Fett" ist die ganz hübsche Unplugged-Nummer „Keine Versprechen", wenn auch mehr musikalisch als textlich.
Woher das Album seinen Titel hat, kann man am Sänger erkennen, der mit seinen 222 kg (Platteninfo) an allen Ecken und Enden (Video, Backcover, besagte Platteninfo) die Flucht nach vorne antritt. Der (Her) Man[n] hat eine recht gute Stimme und bringt vollen Einsatz, nur führt das diesen Release nicht aus seiner Eindimensionalität. Für den geselligen Partyabend reicht das aus, etwas anspruchsvollere Musikkonsumenten sollten jedoch die Finger davon lassen.
Chris
Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!