Ruhige Nummern gehörten schon immer zum Repertoire des Rockmusikers, doch auf "DNA" beschäftigt sich Wirtz nicht mit Unplugged-Alben oder Akustik-Tourneen. Stattdessen regiert kraftvoller, satt groovender Deutschrock mit klaren und ehrlichen Worten.
Wirtz' DNA: Ein Sänger und Gitarrist unter Strom
Mit dem titelgebenden Vollgas-Rocker "DNA" zündet Wirtz in ironisch-sympathischer Selbstbeweihräucherung so viele Fußballmetaphern und "Wird's/Wirtz"-Wortspiele, wie in dreieinhalb Minuten passen. Schon mit dem Anfangsriff wippen die Füße. Haare fliegen und Fäuste werden gereckt, während das hymnische Credo "DNA" mit hintergründigen "Ohohoh"-Chören erschallt.
Die verstärkten, oft tiefer gestimmten Gitarren langen ordentlich zu. Musikalisch und lyrisch deckt WIRTZ ein breites Spektrum an Emotionen und Themen ab. Oft im Vordergrund dabei das Aufrütteln, das Wachmachen. Der Sänger legt den Finger in die Wunde und versucht dennoch, Lösungsansätze zu finden oder anzustoßen.
Das unruhige, dystopische "Atlantis" etwa könnte man als Totalaufgabe des eigenen Ichs verstehen. Dahinter steckt jedoch eine klare "Jetzt erst recht!"-Attitüde. Es sagt viel über Wirtz aus, dass er nicht die abgelutschte Phönix-aus-der-Asche-Metapher bemüht.
"Ein klares Nein" ist eine glasklare Ansage mit SYSTEM-OF-A-DOWN-Gedächtnisgitarren, das funkig-überdrehte "C'est la vie" empfiehlt nicht zu unrecht eine entspannte Lebenseinstellung. Im schmissigen "Dünnes Eis" beschäftigt sich Wirtz kritisch mit (Un-)Wahrheiten.
Der eingängige Ohrwurm "Lucy" thematisiert eine scheinbar toxische Liebesbeziehung, während "Operation Unsterblichkeit" als Headbanger mit fetten Riffs gegen Schönheitswahn und Körperoptimierung austeilt. Ab und an sorgen plakative Textzeilen wie "Du Opfer!" oder "... und wünsche dir von Herzen, dass du zum Lurch mutierst" für Fragezeichen, doch bleiben platte Aussagen glücklicherweise die Ausnahme.
Wirtz' Texte sind mal lässig, mal ironisch, mal krass und immer ehrlich. Deutliche Zeilen wie "Asche im Schoß, bittersüßer Geruch, verpestete Luft von verbrannten Verwandten" im schwer groovenden, fetten Antikriegs-Brett "Willkommen im Krieg" sind vielleicht genau das, was man hören muss, auch wenn man es nicht will.
WIRTZ 2024: Knackiger, abwechlslungsreicher Deutschrock mit ehrlichen Texten
Absoluter Höhepunkt auf dem musikalisch wie textlich an Abwechslung nun wirklich nicht armen "DNA" ist der Schlusstrack "Schweigen mit dir". Er beginnt als leicht melancholische Ballade, bei der vor dem geistigen Auge ein einsamer Desperado auf einem staubigen Pfad in den Sonnenuntergang reitet, stets begleitet von einer leicht klagenden Gitarre, und gipfelt in einem mächtigen, opulenten Finale. Mit eindringlichen Vocals, wunderbarem Text und der musikalischen Entwicklung von balladesk zu bombastisch ist WIRTZ zum Abschluss ein kitschfreies Sahnestück mit Gänsehautgarantie gelungen.
Welchen Einfluss die erstmalige Zusammenarbeit mit Produzent und Songwriter JB Meijers auf das erste WIRTZ-Album unter Vollstrom seit sechs Jahren hatte, kann dabei ziemlich hupe sein. Die zehn neuen Nummern sind hörenswerte und ehrliche, knackig produzierte und abwechlsungsreiche Deutschrock-Perlen. "DNA" rockt!
"DNA" Trackliste:
01 DNA
02 Dünnes Eis
03 Ein klares Nein
04 Lucy
05 Atlantis
06 Willkommen im Krieg
07 Operation Unsterblichkeit
08 Hallo Erde
09 C'est la vie
10 Schweigen mit Dir