Stil (Spielzeit): New Artrock (61:16)
Label/Vertrieb (VÖ): Triple Eggs/Radar (27.11.06)
Bewertung: 9/10 - Absolut genial
Link: http://www.fuoco-noise.com
Ich habe mich, bevor „A Travelogue“ in meinen CD-Player wanderte, nicht wirklich eingehend mit FUOCO beschäftigt, so wie ich es eigentlich immer mache bei Veröffentlichungen von Bands, die mir bis dato kein oder wenig Begriff sind. Dennoch hatte ich schon bei Betrachtung des sehr stimmungsvollen, in Herbstfarben getränkten Artworks so ein Gefühl, dass das hier vorliegende Werk in irgendeiner Form besonders sein muss.
„Spaceship On The Back Of My Acoustic Guitar“ heißt die ebenso ausladend wie extravagant betitelte Ouvertüre. Sphärisches Geklimper auf der namensgebenden Akustik-Gitarre, untermalt von dröhnenden Basstönen. Bereits hier wird klar, wohin die Reise gehen soll. Das Raumschiff FUOCO macht aber erst mal einen Zwischenstopp auf dem Planeten Blues. „222“ ist nämlich ein relaxter, leicht angebluester und entspannt nach vorne rockender Song. Vielleicht etwas irreführend. Wäre da nicht das sachte anschwellende Mellotron zum Ende hin. Und was ist das? Sphärisches Gefiepe? Ah, eine Überleitung! „Syc“ macht auf Anhieb einen ungleich komplexeren Eindruck. Über eine Minute gibt man dem Song, um sich aufzubauen – und er beginnt erst einmal als groovend-schwebende Midtempo-Nummer mit massivem Orgeleinsatz. Leicht vertrackter Rhythmus. Schön. Anschließend wähne ich mich kurz in FLOYDigen Sphären. Doch dieser Augenblick verweilt nicht lang. Die Nummer bricht aus zu einem richtigen Prog-Kracher. Der Song wird ausgeblendet mit einem kurzen weltmusikalischen Intermezzo. So und ähnlich geht es weiter…
FUOCO spielen gekonnt und stilsicher mit modernen und Retro-Elementen und verbinden sie mit dem erforderlichen Feingefühl zu einem Ganzen, das eindeutig nach FUOCO klingt. Ohne wenn und aber. Natürlich verbeugt man sich hier und da vor der einen oder anderen musikalischen Größe.
FUOCO ist eine noch recht junge Band aus Deutschland und Österreich. Eine Band, der man vor allem die Herkunft nicht anhört, und eine die absolut internationales Profil an den Tag legt. Dabei ist FUOCO nach meinem Verständnis in erster Linie die Kopfgeburt vom Gitarristen, Sänger, Komponisten, Produzenten und Mädchen für alles, Flo Baum. Das Debütalbum „Vale“, welches noch nicht in gepresster Form erschien, zeigt Fuoco auch als Ein-Mann-Projekt mit Gastmusikern.
Dabei könnte ich gar nicht mal beantworten, was Flo Baum auf „A Travelogue“ nun am besten gelungen ist; Um die meiste Instrumentalarbeit erleichtert, und dennoch schwer federführend ist er hier tätig, und alles sitzt: Phrasierung, Betonung, Artikulation, Intonation…und das bezieht sich allein auf den Gesang.
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, ich hatte begonnen, die Songs nacheinander auseinanderzupflücken. Aber erstens liegt mir das nicht besonders, und zweitens nimmt es meiner Meinung nach auch etwas das Überraschungsmoment heraus. Eins ist klar: FUOCO warten sowohl mit Epen als auch straighten Rocknummern auf, die sich aber erstens stilistisch in guter Gesellschaft befinden, zweitens vor Originalität sprühen, und drittens den so wichtigen roten Faden nicht vermissen lassen. Ich würde sagen, wir haben hier die erste ernstzunehmende Hoffnung im vage umrissenen Genre des „New Artrock“ aus deutschsprachigen Landen. Und dann gleich eine so hochkarätige.
Ich liege hoffentlich nicht ganz falsch, wenn ich zumindest Fans von THE MARS VOLTA dieses Album ans Herz lege, wobei FUOCO deutlich mehr Wärme transportieren. Außerdem verweise ich auf „Lookbook“ von SLUT, das vielleicht atmosphärisch ähnlich gelagert ist, wobei FUOCO komplexer zu Werke gehen. OCEANSIZE wäre ein weiterer Bezugspunkt. FUOCO sind genau so gut... Alle anderen Vergleichsmöglichkeiten entziehen sich meinem musikalischen Horizont…abgesehen von bereits oben genannten Referenzen.
Recht hatte ich jedoch mit meiner Vermutung angesichts der Besonderheit dieser Veröffentlichung. „A Travelogue“ ist besonders gut. Besonders reif. Besonders originell. Besonders.
BYE Redaktion
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