Stil (Spielzeit): (Country-) Rock'n'Roll (41:52)
Label/Vertrieb (VÖ): Sony BMG (02.06.2006)
Bewertung: 8/10
Link: http://www.primalscream.net
Kaum eine andere Band hat sich im Laufe ihrer Karriere so oft neu erfunden, wie die mittlerweile etwas in die Tage gekommenen Herren von PRIMAL SCREAM. Die in der Mitte der 80er gegründete Formation um Bobby Gillespie bringt nun ihr neuntes (jawohl neuntes) Album auf den Markt.
Während die ersten Alben noch geprägt waren von Rockklängen à la ROLLING STONES & Co, entdeckten PRIMAL SCREAM Anfang der Neunziger den Dancerock für sich. 1994 veröffentlichen sie ihr viertes Werk „Give Out But Don't Give In", welches den zuvor neu eingeschlagenen Pfad wieder abrupt verließ, um sich erneut auf die STONES-esken Töne zu besinnen.
Warum ich das so hervorhebe? Genau diese Kehrtwendung zum antiquierten Sound geschieht erneut mit „Riot City Blues". Ab Mitte der 90er wurden PRIMAL SCREAM immer elektrischer, immer danciger, bis sie schließlich ihren Höhepunkt im achten Album „Evil Heat" fanden, das nicht zu unrecht als wunderbarer Elektro-Noise-Rock Bastard bezeichnet wurde. Und nun erneut eine Platte, die beim ersten Hören so wirkt, als ob sie nicht unelektrischer sein könnte. Die Herren wissen noch zu überraschen. „Riot City Blues": Ja, den bekommt man zu hören, aber auch eine gehörige Ladung Rock'n'Roll.
„Country Girl", sowohl erster Song auf der Platte als auch Singleauskopplung, zögert deshalb nicht lange und beginnt umgehend mit sehr country-lastigem Sound. Die Mundharmonika wurde ja eh viel zu lang als Musikinstrument diskriminiert und wer wissen will, wie sich ein richtiges Country-Chick verhält, sollte das Video mindestens einmal gesehen haben. „Nitty Gritty" und „The 99th Floor" sind roher Rock'n'Roll in seiner pursten Form.
„When The Bomb Drops", das wie „Little Death" etwas dunkler klingt als die restlichen Songs der Platte, gehört zu einem der großartigsten Momente von PRIMAL SCREAM und jedem, dem das erste Album von THE INTERNATIONAL NOISE CONSPIRACY gefällt, dürfte diesen Song lieben. Eine wunderbare Gitarre + Solo und Bassline, ein großartiger Gillespie, ein großes Lied. Freunde von KASABIAN werden sich wohl auch mit dem vorher erwähnten „Little Death" gut verstehen, das einen Gang langsamer ist und mit einem irgendwie psychedelischen Gesing-Sang auffährt. Ganz im Gegensatz zu „Dolls (Sweet Rock'n'Roll)", das schon geradezu unverschämt gutlaunig klingt. Mit „Sometimes I Feel So Lonely", bei dem man förmlich die Sonne am Ende der Prärie untergehen sehen kann, endet der „Riot City Blues".
Ein in sich stimmiges Album ist entstanden, bei dem recht deutlich wird, was für einen großen Einfluss PRIMAL SCREAM auf die Indierockszene bereits hatte und noch hat. So ist es auch nicht verwunderlich, dass zahlreiche interessante Gastmusiker, darunter Multiinstrumentalist Warren Ellis (NICK CAVE & THE BAD SEEDS) und THE KILLS -Sängerin Alison Mosshart sich hier die Ehre geben. Einziges Problem sehe ich für die Leute, die sich auf eine neue elektrische Scheibe gefreut haben, aber wenn sie „Riot City Blues" eine Chance geben, werden sie nicht enttäuscht werden.