Sunrise - Liberty


Stil (Spielzeit): Melodic Metal (59:25)
Label/Vertrieb (VÖ): Metalism Records (2007)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/sunrisekiev

Ich bespreche das hier nur, weil mich ein sehr netter Mensch aus Russland darum gebeten hat. Für Melodic Metal fühle ich mich nämlich nicht zuständig, und der sixpack aus Kiew rackert zu seinem und meinem Unglück in einem Genre, dem ich zuletzt vor 20 Jahren etwas abgewinnen konnte:

Gestelztes Kopfstimmen-Pathos; straight ahead Doublebase-Geboller, das kaum Druck entwickelt; mal mehr, mal weniger schnelle, zuckrige Leads und lasche Riffs; Keyboards, die entweder nur die ohnehin harmlosen Konturen weichzeichnen oder zu allem Überfluss im Vordergrund ihre Locken drehen. Dargereicht in völlig berechenbaren Strukturen. Eben genau der Kram, der einem als Metaller von Kollegen und Kommilitonen schräge Blicke einträgt. – Der geneigte Happy Metal – Fan beschreibt das natürlich etwas anders…

Und nun will ich mich redlich mühen, SUNRISE gerecht(er) zu werden… Zunächst einmal erfüllen die Ukrainer sämtliche Clichés / Erwartungen mit denen das Genre aufwartet. Die Frage ist da nur, auf welchem Niveau. Egal wie ahnungslos ich auf diesem Sektor bin, einen Vergleich mit den Marktführern vermag ich anzustellen. Und da schneiden SUNRISE nicht wirklich schlechter ab als das, was ich sonst so kenne. Die Gitarristen sind handwerklich geschickt und überraschen gelegentlich mal mit einer richtigen Idee… Keys und Rhythmiker sind so wie sie wohl in dieser Sparte sein sollen. Alleinsongschreiber und Sänger Konstantin Naumenko aber übertrifft stimmlich seine Kollegen spielend. Seine Bänder sind entschieden stabiler als die von Timo Kotipelto oder Joacim Cans.

In puncto Songwriting ist noch gut Luft nach oben … mal ein symphonischer Part à la STRATOVARIUS hier oder auch ein hymnischer HAMMERFALL-Chor da, hätten sicher nicht geschadet, dem Wechselspiel aus schnellen und balladesken Klängen einige Farbtupfer zu verpassen. Auch gerät man manchmal in gefährlich seichtes Gewässer. Selbst für Genreverhältnisse. Kurz gesagt, in einigen Punkten sind sie unterhalb der Szenegrößen zu verorten, in anderen darüber. Die Produktion ist über jeden Zweifel erhaben. Das Coverartwork zwar unerträglich kitschig, aber graphisch erste Sahne.

Die größte Schwäche von SUNRISE im Vergleich zu wem auch immer, ist 100pro ihre Nationalität. Bands aus den Ländern dessen, was vor der Perestrojka der Ostblock war, werden von der hiesigen Presse ja leider weitgehend ignoriert, weil sie selten Artikel über Anzeigen erkaufen können und außerdem sind die Vertriebswege für ihre enthusiastischen 1-Mann Plattenfirmen wie Metalism schwierig. Dabei wartet im Osten so Manches auf die verdiente Wahrnehmung. Für den Melodic Metal Bereich darf man SUNRISE sicher dazuzählen.

Anstatt also das nächste banale und gehypte Album von irgendwelchen Skandinaviern zu kaufen, sollte man sein hart erkämpftes Geld doch lieber Leuten geben, die zwar gleichermaßen banal sind, aber ebenso hart arbeiten müssen wie man selbst. Ende Rotfunk.

Subjektiv könnte ich heute auch dem wohl besten Album dieser Sparte, HELLOWEENs „Keeper“, allenfalls fünf Punkte geben. Für „Liberty“ gäbe es im direkten Vergleich eine 3,5. Setzt man, als imaginärer Freund dieser Sparte, für den Meilenstein der Hamburger aber die 10 an, dann gibt’s für SUNRISE eine hoffentlich (!) realistische 7.