THE DEVIL'S BLOOD sorgen untergründig schon eine Weile für Furore. Wohin man auch blickt, nur sehr gute bis völlig euphorische Reviews. Und Liveberichte sind noch euphorischer. Und sich der Bühnenpräsenz, d.h. den blutigen Ritualen zu entziehen, ist tatsächlich nur schwer möglich.
THE DEVIL'S BLOOD, das sind vor allem Farida „the mouth" Lemouchi und ihr Bruder Selim, „okkulter" Kopf von TDB, bekennender Satanist und teuflisch guter Gitarrist. Dass auch im 21. Jahrhundert musikalisch interpretierter Satanismus nicht notwendig „Black Metal" bedeuten muss, dafür sind TDB ein rares Beispiel, auch wenn der Bandname an eine Nummer von WATAIN erinnert. Apropos, man ist mit den Schweden gut befreundet und Erik Danielsson hat auch den Text zu dem relaxten „The Yonder Beckons" beigesteuert. Und auch mit Doom Metal hat TDB wenig am Hut, auch wenn man oft mit PENTAGRAM & Co. die Bretter teilt.
THE DEVIL'S BLOOD machen im Prinzip „nur" Hardrock. Der aber wird auf die ganz alte Weise zelebriert. Dabei reichen die Einflüsse von der NWoBHM bis weit zurück an die Dekadenwende 60er/70er. Es gilt wohl die Regel: je älter die Band, desto stärker präsent. Led Sabbath, Deep Heep etc., vor allem aber deren Vorstufe: BLACK WIDOW, COVEN und THE 13th FLOOR ELEVATOR (/ Roky Erickson) sind die 60er / 70er Haupteinflüsse. Dabei gelingt es TDB, obwohl sie sich ausschließlich traditioneller Elemente zu bedienen, frisch und aus heutiger Sicht absolut ungewohnt zu klingen.
„The Time of no Time Evermore" ist nach der abgefeierten 7" (The Graveyard Shuffle, `07) und der 5-Track EP „Come, Reap" (Nov. `08) wohl genau das Debüt, was die Jünger von den den Holländern so sehnlichst erwartet haben. Es startet mit dem zweiteiligen Titeltrack. „The Time of no Time" ist eine kurze instrumentale Visitenkarte, die all den Flitzefingern gleich mal zeigt, worauf es wirklich ankommt: auf Seele. S.L.'s Gitarrenspiel ist in diesem Punkt ganz weit vorn. Pt. 2, „Evermore" könnte als Musterbeispiel für ungefähr die Hälfte der Songs durchgehen: Mid-Tempo Hard-Rock, melodisch, groovy, an der Basis nicht sonderlich glamourös, aber mit sehr viel Charme und Atmosphäre.
Neben Selims Spiel ist das vor allem Farida zuzuschreiben: ihre Stimme, mit viel Volumen, einem (nicht zu) dunklen Timbre und kraftvollem Vibrato ausgestattet, erklimmt so manche Höhe und kriegt es hin, dem Ganzen oftmals eine Feierlichkeit zu verleihen, die beinahe an Gospel erinnert.
Das zahlt sich je mehr aus, je stärker die Nummern in die okkulte / psychedelische Richtung zielen: Überhaupt sind Tracks wie „House of Ten Thousand Voices" (mit der Ausstrahlung einer Voodoo-Messe), „Feeding the Fire with Tears and Blood" oder das mit einem LIZZY-Gedächtnis-Lead eröffnende „Anti-Kosmik-Magick" sinnlichstes Kopfkino. Dunkel, diabolisch und verdammt erotisch. Wobei für mich subjektiv das Schönste ist und bleibt: die gnadenlos guten Leads & Soli von Selim, die mit extrem viel Gefühl gespielt sind, und sich mir als Vergleich nur die ganz großen Namen aufdrängen.
Natürlich, es gibt THE SWORD, es gibt THE LAMP OF THOTH oder jede Menge geilen okkulten Doom. Natürlich, originaler sind die Originale der 60er. Aber wer kennt die heute noch? Wer musikalischen Okkultismus in seiner ursprünglichsten Form, aber in modernem Soundgewand genießen will, kommt an den Holländern nicht vorbei.
Irgendwie riecht das alles nicht nur nach Körpersäften, stimulierenden Substanzen und dem schwefligen Atem des Teufels, sondern, (dank allgemeinen Presserummels) auch nach „the next big thing", so, als könnten THE DEVIL'S BLOOD vielleicht sogar eine neue Welle auslösen ...
Auch wenn ich persönlich mich mit einigen Nummern schwer tue und eine rein subjektive Note mindestens 1, 5 Punkte drunter läge, es ist einfach festzustellen, dass THE DEVIL`S BLOOD wirklich Klasse haben und ihr Debüt zum Klassiker avancieren dürfte.
Geschrieben von dirk-bengt Mittwoch, 02 September 2009 18:05
The Devil's Blood - The Time Of No Time Evermore Tipp
Stil (Spielzeit): (okkulter, psychedelischer) Hardrock (54:29)
Label/Vertrieb (VÖ): Ván Rec. / Soulfood (11.09.09)
Bewertung: 8,5 / 10