Stil (Spielzeit): Rock & Metal (49:00)
Label/Vertrieb (VÖ): Roadrunner / Universal (28.07.2006)
Bewertung: FETT! (9/10)
Link: www.stonesour.com
Okay, das Debutalbum von STONE SOUR, der zweiten Band von SLIPKNOT-Sänger Corey Taylor, war schon ziemlich gut, aber im Schatten der maskierten Chaoten aus Iowa eher ein nettes Nebenprodukt, das man haben konnte, aber nicht musste. Und um ehrlich zu sein: Hätten sich STONE SOUR direkt wieder aufgelöst, ich hätte sie nicht vermisst, denn dafür hatten sie zu wenig Profil. Dementsprechend wenig hatte ich von der zweiten Scheibe erwartet. Umso erstaunlicher, dass mich „Come What(ever) May“ vollständig aus den Latschen haut und sich in meiner aktuellen Playlist ganz oben eingenistet hat. Doch der Reihe nach …
Los geht’s mit dem Dampfhammer „30-30/150“. Der perfekte Opener! Fette Riffs, bollernde Doublebass und ein schmissiger Refrain. Was will man mehr! Dazu eine absolut gelungene Produktion, die alle Instrumente perfekt in die Gehörgänge jagt. Vor allem ist die Gitarre nicht allzu laut abgemischt worden und trotzdem drückt der Sound an allen Stellen, so wie beim Titelsong, der zwar in der Strophe relativ simpel daherkommt, aber trotzdem oder gerade deswegen zum Kopfnicken animiert. „Hell & Consequences“ ist dann wieder etwas härter und ähnelt vom Stil her etwas dem Opener, und spätestens jetzt macht sich bemerkbar was für ein starker Sänger Mr. Taylor ist. Seine Stimme ist äußerst variabel und ausdrucksstark und vor allem traut er sich, anders als bei Slipknot, viel mehr zu. Spätestens nach diesen drei Songs hat das Album eigentlich schon gewonnen, was für ein furioses Triple!
„Sillyworld“ bietet dem Hörer dann zum ersten Mal eine Verschnaufpause und dürfte wohl der typische US-Radio-Song sein. Gerade nach dem starken Start ins Album zu unspektakulär und vor allem aufgesetzt und kalkuliert. Wenn ich einen Song von der Tracklist streichen dürfte, dann wäre es eindeutig „Sillyworld“. Glücklicherweise der einzige Ausfall unter den zwölf Songs. „Made Of Scars“ knüpft dann nahtlos wieder dort an, wo STONE SOUR vor der Radio-Ballade aufgehört hatten. Es kracht an allen Ecken und Enden und trotzdem mangelt es nicht an Atmosphäre, die diesmal besonders durch den Gesangseffekt während der Strophe erzeugt wird. Und weiter läuft eifrige Hitproduktion, „Reborn“ rockt wie Hölle, ohne in übertriebene Härte zu verfallen. Die Riffs sitzen, der Bass drückt, das Schlagzeug peitscht und der Sänger zieht den Hörer in seinen Bann. Wie aus dem Lehrbuch – und das im positiven Sinne! „Your God“ ist dann wieder typisch amerikanischer Mainstream-Rock, irgendwo zwischen NICKELBACK und INCUBUS (nur zehnmal fetter), köstlich gewürzt mit einem kurzen, aber sehr feinem Gitarrensolo und geschickt eingesetztem Gesangs-Echo. Ein Song, der sich erst gegen Ende vollständig öffnet und geschickt steigert. Live mit Sicherheit ein Burner!
Mit „Through Glass“ dürfen wir uns dann einer der schönsten Rock-Balladen der letzten Jahre zu Gemüte führen. Endlich mal eine Ballade, bei der man nicht zum nächsten Track skipt! Ganz große Klasse! Bei „Socio“ fällt einem dann wieder einmal auf, wie vielseitig Corey Taylor klingt, manchmal glaubt man sogar, dass hier verschiedene Sänger sich das Mikro teilen. Mein persönlicher Favorit auf dem Album ist „1st Person“ – pure Energie! Sehr geil vor allem, wie Drummer Roy in der Bridge das Ride-Becken bedient. Hört mal genau hin.
„Cardiff“ ist eine getragene Nu-Rock-Hymne, voller Verzweiflung, leicht psychedelisch und super eingängig. Und wieder Mal bin ich erstaunt, wie vielfältig Herr Taylor seine Stimme einsetzt. Eine geile Nummer auch, weil „Cardiff“ sich komplett vom restlichen Material unterscheidet: düster, bedrohlich und schwermütig. Ein Song, der bei anderen Bands wohl die Single-Auskoppelung währe, STONE SOUR aber können es sich aufrund der enormen Hitdichte leisten, so einen starken Track fast am Ende des Albums zu verstecken. Den Abschluss bildet die Klavier-Ballade „Zzyzx Rd.“, die einen auffälligen 80er-Touch besitzt und sogar etwas an GUNS N ROSES erinnert. Kein Kracher, aber ein passender Abschluss für ein Album, das nur so vor Energie strotzt.
Wer bei „Come What(ever) May" noch etwas auszusetzen hat, dem ist nicht mehr zu helfen. Meiner Meinung nach kann Corey gerne bei SLIPKNOT das Handtuch schmeißen, wenn er in Zukunft mit STONE SOUR weiterhin so punktet. Dieses Album ist jetzt schon ein Klassiker und kaum noch zu toppen. Ob ihr es glaubt oder nicht.