Ja, schon klar: Im Augenblick scheint jeder, der etwas mit Punk zu tun hat, die Wandergitarre aus dem Schrank zu holen, sich einen Bart wachsen zu lassen und eine Karriere als Singer/Songwriter zu starten. Das ist mit Sicherheit ein kleiner Hype. Aber so lange da solche Platten wie die hier von TIM VANTOL rauskommen, hat auch das seine Berechtigung.
Die Zeichen standen dabei erst mal gar nicht so gut. Als erstes lese ich den Titel und denke mir schon „wow, wie klischeehaft". Danach mache ich die Platte an und überlege „ach, seit wann hat FRANK TURNER sich denn einen niederländischen Akzent zugelegt?" Und trotzdem: „If We Go Down ..." packt mich am Kragen und lässt mich auch neun Songs lang nicht wirklich los (ja leider etwas kurz ...). Und eines noch vorweg: das Album ist nur um haaresbreite an einer totalen Lobhudelei vorbeigeschrammt! Denn hätte der junge Mann (Debütalbum 2010) die mitreißende Stimmung der ersten Hälfte des Albums komplett durchziehen können und noch zwei Stücke draufgepackt, hätte ich hier nicht weniger in Lobeshymnen geschwelgt, als ich es für CHUCK RAGAN und eben FRANK TURNER schon getan habe.
Ich denke, das sind auch die Eckpunkte, an denen man sich orientieren kann, um sich den Sound von TIM VANTOL vorzustellen. Akustikgitarre, E-Gitarre drüber, Drums, (Kontra-) Bass, Violine etc. Mal alles zusammen, mal nur Gitarre, und so weiter ... Die Stimme klingt eben sehr nach Frank, nur mit mehr Biss (also etwas Chuck ...). Die setzt er übrigens im finalen A Capella-Stück „Before It All Ends" ziemlich eindrucksvoll ins Bild.
Zusammengerechnet ist „If We Go Down ..." ein unglaublich gutes, mitreißendes Album geworden, welches sich sogar Klischees („I miss you more than I did yesterday") erlauben darf und dich dann auch wieder mit Anspielungen wie „Apologies, I have some" zum Lachen bringt. Die Stimme ist unglaublich gut, die Band ist gut eingespielt, die ruhigen Songs nehmen nicht Überhand und man kann sich direkt vorstellen, wie TIM VANTOL entweder ein Festivalpublikum oder eine kleine Kaschemme zum Mitsingen bringt.
Wer Frank und Chuck genießt, wird hieran nicht vorbeikommen. Und das meine ich nicht mal im Sinne von „... bis die Originale wieder was rausbringen werden ..."!