Große Bekanntheit erlangte der schottische Sänger RAY WILSON mit STILTSKIN, die Mitte der Neunziger mit "Inside" einen großen Hit landeten. Nachdem Phil Collins 1996 bei GENESIS ausstieg, übernahm Wilson das Mikrofon bei der britischen Prog-Legende. Weil das 1997 veröffentlichte "Calling All Stations" floppte, entschlossen sich die verbliebenen originalmitglieder Mike Rutherford und Tony Banks jedoch, es mit GENESIS bleiben zu lassen, bis zehn Jahre später eine Quasi-Reunion stattfand - allerdings wieder mit Phil Collins.
Nach dem vorläufigen Ende von GENESIS startete der Schotte seine Solokarriere, während der er oft Themen-Konzerte rund um STILTSKIN und GENESIS performte und reine Akustikshows spielte. Nach dem großartigen "Propaganda Man" (2008) veröffentlichte RAY WILSON 2013 "Chasing Rainbows", dem mit "Song For A Friend" nun drei Jahre später ein neues Album folgt. Im Gegensatz zu vorherigen Studioalben hat Wilson den Rock-Anteil deutlich zurück geschraubt; ganz im Sinne seiner Solo-Akustikperformances finden sich auf "Song For A Friend" zehn ruhige, akustische Nummern, die nur manchmal von weiteren Instrumenten begleitet werden. Sie rücken das charmante Timbre des Schotten genau ins richtige Licht und eignen sich hervorragend als entspannte musikalische Untermalung für ruhige Stunden. Die Abwechslung geht dabei zwar ein bisschen verloren, Songs wie der sehr eingängige Opener "Old Book", das mitreißende "Over My Dead Body" oder der Titeltrack sind aber wirklich hörenswert, wenn man sich von ruhigen Tönen umschmeicheln lassen möchte. Die Performance von Wilson ist wie immer grandios, der Mann hat einfach eine unglaublich angenehme, charakteristische Stimme, der man gerne zuhört.
Ein Cover findet sich auch auf dem neuen RAY WILSON-Album übrigens auch. Wer jetzt schon stöhnend das böse Wort mit "G" aussprechen will, erlebt eine Überraschung: Es handelt sich nicht um ein Stück seines kurzzeitigen Arbeitgebers in den Neunzigern (dass er GENESIS-Nummern besser singen kann als Phil Collins, sollte eh jedem klar sein, der Wilson schon mal live gesehen oder sich einen Mitschnitt angehört hat), sondern um eine akustische Interpretation des PINK FLOYD-Classics "High Hopes", das sich auf dem 1994 veröffentlichten "The Division Bell" findet und nicht zum ersten Mal gecovert wird. Wilson vertont die atmosphärische Nummer absolut hervorragend, seine Stimme passt perfekt zur melancholischen Stimmung.
Wer auf ruhige Töne steht, vorgetragen von einem der sympathischsten Sänger, die ich kenne, sollte bei der neuen RAY WILSON-Scheibe "Song For A Friend" auf jeden Fall ein Ohr riskieren - selbst wenn einige Songs nicht mehr als solide klingen. Wer eher die rockige Seite des schottischen Musikers schätzt, wird mit der Scheibe allerdings nicht glücklich.
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...