Denn sein neues Album „High On 95“ ist wie immer sehr retrospektiv angelegt und passt auch vom Sound optimal dazu. Alles ist einen Gang runtergeschaltet – bis auf die Intensität seiner Texte – und der ehemalige AVAIL-Frontmann erzählt wieder Geschichten aus seinem Leben. Die sind nach wie vor sehr zerrissen und handeln vom Trinken, von der Liebe, von Verlusten, von Einsamkeit, von Entfremdung, von Kampfgeist und davon, dass Tim einfach Probleme hat, sich dem hier und heute anzupassen.
Wie immer gibt es ein paar Songs, die einfach nur auf seine Stimme und die Gitarre zurückgreifen, während andere Songs etwas großzügiger arrangiert sind (z.B. mit zusätzlicher E-Gitarre oder Drums oder Streichern oder Klavier). Aber auch 2017 bleibt er seinem Motto treu und schreibt lieber simple Songs mit wenigen Akkorden und verlässt sich darauf, dass es ausreicht, hier sein Herz auszuschütten. Und das tut er. Vor allem weil TIM BARRY so viele Ecken und Kanten von sich preisgibt. Er scheint ein echt klasse Kerl und typischer Amerikaner zu sein – gleichzeitig möchte ich mich nicht mit ihm anlegen müssen.
Ähnlich wie der Song „Gumshoe Andy“ (den er schon irgendwo anders mal veröffentlicht haben muss), kommt mir hier sehr Vieles ziemlich bekannt vor. Aber das ist nun mal das Ding, wenn man sich auf immer gleiche Akkorde und sehr vorsichtige Arrangements verlässt: Irgendwann wiederholt man sich halt stark. Und so ist „High On 95“ zwar wieder ein gutes, aber eben auch wenig überraschendes Album von TIM BARRY geworden. Natürlich gibt es hier einige Hits („Riverbank“ z.B.) – aber man kann es irgendwie sehr gut mit seinen anderen Alben vergleichen. Nur dass mir hier die etwas aggressiveren oder sehr melancholischen Stücke nicht so stark ins Ohr stechen. Deshalb leider nur sechs Punkte – aber immer noch ein gutes Album.