Les Fragments De La Nuit – Demain, C’était Hier Tipp

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Stil (Spielzeit): Neoklassik (48:01)
Label/Vertrieb (VÖ): Equilibrium Music (01.10.2010)
Bewertung: 8,5/10

Links: http://www.lesfragmentsdelanuit.com
http://www.myspace.com/lesfragmentsdelanuit

Warnung! Kein Metal! Wer sich mit E-Gitarren und Co. einen überbraten lassen will, kann an dieser Stelle mit dem Lesen aufhören. Für Freunde klassischer Klänge geht es in der nächsten Zeile weiter, auch wenn ich mir nicht sicher bin, warum eine solche Promo-CD bei BYE auf dem Schreibtisch landet.
LES FRAGMENTS DE LA NUIT sind seit fünf Jahren in dieser Formation aktive Franzosen, die im Gegensatz zu einer klassischen Rockband mit drei Violinen, einem Cello und einem Klavier besetzt sind. Auch auf ihrer zweiten Platte ist das Ziel des Quintetts, mittels akustischer, natürlicher Instrumente eine Atmosphäre zu schaffen, die über die Grenzen der Klassik hinaus ihre Wirkung entfalten soll.

Im „Zenith" fallen die Sterne herunter. Violinistische Farbtupfer verteilen sich am Himmel – die Nacht bricht herein – das dunkle Cello weitet die Basis des schwarzen Nichts' aus. Gespenstischer Nebel in Form von versteckten Frauenstimmen zieht auf und die Gestirne werden immer mehr. Das Klavier vervollständigt die nächtliche Ungewissheit.
Die treibende Unsicherheit wird vom Piano in das zweite Stück übertragen. Im Verbund wird die Hektik des Stakkatos wilder und wird von starken Dissonanzen gestört. Von dunklem Boden wird man aufgefangen und wähnt sich teilweise sicher.
Grundlegend sichere Akkorde führen dann zu Beginn in Teil drei „Teletemps" mittels Klaviatur ein. Abschnittsweise wirkt es hier traurig wie in Schuberts „Winterreise", mit Violine statt Gesang und später dramatisierend durch weitere Streicher. So durchläuft man schon in den ersten drei Stücken ein kleines Wechselbad an Gefühlen, die bis dato noch nicht aufgelöst werden. Wobei im Folgenden „Cyrius B" in getragener Langsamkeit und vielen stilvollen Pausen die Zeit zum Einatmen gewährleistet wird. Kurze Sequenzen des Streichquartetts mit quasi pianistischem Basso Continuo lassen träumerische Gedanken in die Nacht entschwinden.
Doch Träume werden aufgefangen von der Solo-Geige, die sich in „Soupir" federleicht durchs All tragen lassen. Daraufhin steigert sich die geheimnisvolle Unendlichkeit des Universums filmmusikartig, während der nächtliche Marsch („Marche Nocturne") schauerliche Gesänge durch den finsteren Tann schweben lässt. Geisterhaft werden die Lieder des Himmels in „Les Canons Du Ciel" fast nervenzerrend weitergeleitet. Bis im Titelstück der Trauermarsch par excellence zelebriert wird.
Zusätzliche Perkussionsinstrumente werden nur in zwei Stücken eingesetzt, die teilweise das Flair von APOCALYPTICA haben. Neben Traurigkeit ohne Kitsch verwandeln die Franzosen bis zum Schluss ihren Zyklus in ein vitales Gewebe, das nicht ganz einfach durchzuhören ist und erst ganz am Ende zur Ruhe kommt.

Diese Musik ist zwar eindeutig keine elektronisch verzerrte, aggressive Lärmerei, könnte jedoch die ein oder andere dunkle Seele ansprechen. Es lassen sich schwerlich einzelne Songs anhören, ohne den Drang zu verspüren, nach einer Auflösung im nächsten Stück zu suchen – denn die Spannungsbögen brechen nicht immer am Ende eines Liedes ab. Das Gesamtkunstwerk von treibender Dissonanz und wunderbaren Harmonien ist auf „Demain, C'etait Hier" wirklich gelungen. Nicht immer entspannend, für Suizidale kaum aufmunternd, aber emotional ein klasse Stück Musik.
Manuel

"Größtenteils harmlos."