Stil (Spielzeit): Folk / Ambient (51:57)
Label/Vertrieb (VÖ): Indie Recordings / Soulfood (16.01.09.)
Bewertung: 10 / 10
Link: http://www.wardruna.com
Auch wenn WARDRUNA das geistige Baby von Einar „Kritrafn“ Selvik ist (Ex-GORGOROTH, -SAHG, -DEAD TO THIS WORLD noch: JOTUNSPOR) und Gaahl den Gesang übernommen hat… WARDRUNA ist kein Black Metal…
Sie haben mit Metal überhaupt nichts zu tun: keine Stromgitarre, kein Strombass, kein „ordentliches“ Schlagzeug, kein extremer Gesang. Nix von alldem…
Geplant als erstes Album einer „Runaljod“ genannten Trilogie, die das Runenalphabet „futhark“ interpretiert, bedient sich Selvik diverser traditioneller Instrumente (als einzigen instrumentalen Gastmusiker hat er sich für die Hardanger-Fidel Hallvard Kleiveland dazugeholt) um Atmosphären zu kreiieren, die mystisch, verstörend, sakral, beschwörend, magisch, betörend sind. Diverse Percussion-Instrumente, Hörner, Fideln, Leiern und einiges andere an traditionellem Instrumentarium verzaubert mit bisher unbekannter Intensität.
Dass Gaahl die Hauptsingstimme ist, merkt man nicht…bzw. definitiv nicht negativ. Er hat eine wirklich angenehme Bassstimme. Sehr passend und gut, weil eher unauffällig. Die Chöre: ein Genuss ohne Reue, weil ohne Kitsch.
Umso auffälliger: Lindy Fay Hella. Eine ernsthafte, tolle Frauenstimme zwischen Kari Rueslåtten und Stoyanka Boneva. Ich hätte keine Sekunde zögern müssen, dem Album die „10“ zu geben, hätte sie noch ein, zwei Einsätze mehr gehabt.
WARDRUNA ist wohl der bislang höchste Gipfel an musikalischer Archaik, den moderne Heiden erklimmen durften…. Ein ernstzunehmender Vergleich zu WARDRUNA will mir nicht einfallen; auch die Wiking-Folk-Spezialisten von KRAUKA kommen längst nicht an die Atmosphären von Gap Var Ginnunga heran. --- Vielleicht liegt der Unterschied in den Schwarzwurzeln der Norweger begründet. Jedenfalls haben WARDRUNA eine starke und finstere Ambient Schlagseite, die den Dänen völlig abgeht. --- Die Mischung aus überwiegend organischen Klängen und einigen, auf ein Minimum reduzierten Synthieeffekten ist ganz sicher nicht authentisch im Sinne klassischen skandinavischen Folks, wirkt dafür aber um so archaischer, mystischer und ergo authentischer im Sinne schamanistischer Naturreligionen.
Der ultimative Soundtrack zu „Odin-statt-Jesus“-T-Shirt und Flokati-Umhang, zum erträumten oder gelebten Leben an waldumsäumten Seen, nebelumwaberten Fjorden oder zur Lektüre von Bernard Cornwell in der Zivilisations-Badewanne nach einem magisch guten Pilz-Omelette.
„Gap Var Ginnunga“ ist tatsächlich mehr Soundtrack als Musik, insofern sicher nicht für jeden Folkster geeignet. Und es gibt kein Wald-und-Wiesen-Juppheida. Aber wer sich auf Odens dunkles Runen-Geraune einlässt, bekommt ein wunderbar magisches und berührendes Werk geboten, das wie kein zweites ins dunkle Zeitalter entführt… Auch wenn meine Folk-Faves von FEJD kürzlich bei Napalm unterschrieben haben: In diesem Jahr werden WARDRUNA kaum zu toppen sein… Dies im Januar zu prognostizieren, ist angesichts der Klasse des Albums nicht sehr gewagt; die Liste meiner Lieblingsbands ist jedenfalls mal um einen Namen länger… und nach kurzem Zögern gab’s doch die „10“.
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p.s. das doppelte Cover hat den Grund, dass die CD im Schuber veröffentlicht wird. Den ziert das Runenlogo. Das eigentliche Booklet-Cover ist das schwarze Teil: ein Setzling (wohl der der Weltesche Yggdrasil, Titel des folgenden Albums)